Evangelisches Diakoniewerk Halle –
Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik

Die Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Diakoniewerkes Halle wird 1980 unter der Leitung von Hans-Joachim Maaz als Bestandteil des Krankenhauses der Stadt Halle gegründet (Leitung: 1980-2008). Die Therapie ist vorrangig gruppendynamisch ausgerichtet und integriert die Körperpsychotherapie. Von 1980 bis 2008 behandelt die Klinik stationär ca. 12.000 Patienten. Die Kapazität liegt bei 35 Betten mit einer durchschnittlichen Auslastung von 96 Prozent.

Therapeutische Strömungen und Behandlungssetting

Die Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Diakoniewerkes Halle wird 1980 unter der Leitung von Hans-Joachim Maaz gegründet. Sie beruft sich auf die Organisationsform der „therapeutischen Gemeinschaft“.

Mit der kirchlichen Zugehörigkeit der Klinik gehen Besonderheiten für die psychotherapeutische Arbeit einher. So gehört u. a. von Anbeginn ein Seelsorger zum Klinikteam, dessen begleitende Tätigkeit von der Diakonie angeordnet wird. Nach einer Weiterbildung kann dieser in die therapeutische Arbeit integriert werden, v. a. im Bereich Glauben und Diakonie steht er fortan zur Verfügung. Das Behandlungskonzept der Station ist gruppendynamisch orientiert und bezieht sowohl verbale wie nonverbale Methoden mit ein, letztere umfassen Bewegungs-, Gestaltungs- und Musiktherapie – besonders essenziell ist jedoch die Körperpsychotherapie. Einzeltherapie wird vorwiegend in Krisensituationen vorgenommen. Das gruppendynamische Konzept folgt drei Stufen: Zuerst wird über vier Wochen eine konfliktorientierte, fokussierte tiefenpsychologisch fundierte Gruppentherapie angeboten. Als nächstes wird acht Wochen lang mit der Intendierten Dynamischen Gruppenpsychotherapie (IDG) behandelt und abschließend findet eine körperorientierte Gruppenpsychotherapie statt. Die Therapie nimmt sechs Stunden pro Tag ein und wird durch ein Therapeutenpaar geleitet.

Weiterhin in das Konzept integriert ist ein „Klausur-Abstinenz-System“, das ein „Halt gebendes und schützendes Setting für die Arbeit an Strukturstörungen“ kreieren und Ablenkungen minimieren sollte. Dafür wird der Konsum von Nikotin, Alkohol und Medien sowie Außenkontakte sind während der Therapiedauer untersagt. Einige westliche Psychotherapeuten kritisieren das System als „autoritär“.

Therapieverlängerungen sind nicht gestattet, allerdings wird die Weiterbehandlung in enger Zusammenarbeit mit ambulant tätigen Psychotherapeuten geplant, ebenso wird zur eigenverantwortlichen therapeutischen Arbeit ermutigt.

Von 1980 bis 2008 behandelt die Klinik stationär ca. 12.000 Patienten mit einer Abbrecherquote von 7 Prozent. Die Kapazität liegt bei 35 Betten mit einer durchschnittlichen Auslastung von 96 Prozent.

Forschung und Lehre

Hans-Joachim Maaz wird 1982 Teil der Sektion „Psychodynamische Einzelpsychotherapie“ der GÄP und damit beauftragt, ein theoretisches und praktisches Konzept zur systematischen Ausbildung der Einzeltherapie zu etablieren. Von 1984 bis 1987 entstehen in der Folge die Ausbildungskurse zur Psychodynamischen Einzelpsychotherapie mit Helmut Kulawik, Hans-Joachim Maaz, Harro Wendt und Infrid Tögel als Ausbildungsleiter.

Ab 1986 bieten Maaz und Kollegen unter dem Namen „Therapie für Therapeuten“ Selbsterfahrungskurse an, in welchen Psychotherapeuten vier bis sechs Wochen mit sechs Stunden täglicher Therapie als Patienten aufgenommen werden und Gruppenerfahrung absolvieren.

Zur Entwicklung des Standorts

1857 wird das evangelische Diakonissenmutterhausen gegründet. Seit 1868 befindet es sich am heutigen Standort. 1898 wird hier von Chefarzt Kurt Witthauer das später vermarktete Aspirin getestet. Im Jahr 1982 wird die Diakonissenanstalt umbenannt in „Evangelisches Diakoniewerk Halle“. Heute umfasst die Klinik 25 stationäre Psychotherapiebetten, zwei Tageskliniken und eine psychosomatische Institutsambulanz.

Quellen und Literatur

Diakoniekrankenhaus (o.D.). Klinik und Tagesklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, https://www.diakoniekrankenhaus-halle.de/psychosomatikundpsychotherapie/.

Diakoniewerk (o.D.-a). 19. Jahrhundert, https://www.diakoniewerk-halle.de/diakoniewerk-halle-im-diakonissenhaus-teltow/geschichte/19-jahrhundert/.

Diakoniewerk (o.D.-b). 20. Jahrhundert, https://www.diakoniewerk-halle.de/diakoniewerk-halle-im-diakonissenhaus-teltow/geschichte/20-jahrhundert/.

Fikentscher, E. & Hennig, H. (2011). Psychotherapie an der Universitätsnervenklinik Halle 1980-1989. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945–1995, S. 563-565. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Geyer, M. & König, W. (2011). Der Beginn der Reinstitutionalisierung der Psychoanalyse in der DDR. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945–1995, S. 473-480. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Maaz, H.-J., Hrsg. (1997) Psychodynamische Einzeltherapie. Pabst Science Publishers.

Maaz, H.-J. (2011a). Die Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik im Diakoniewerk Halle – Ein Freiraum zur Integration von Methoden der Humanistischen Psychologie. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945–1995, S. 565-568. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Maaz, H.-J. (2011b). Therapie für Therapeuten. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945–1995, S. 487-489. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Maaz, H.-J. (2011c). Die „Briefcouvert-Affäre“. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945–1995, S. 667-668. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Maaz, H.-J. (2011d). Zur Geschichte der Psychotherapie in der DDR. European Journal of Mental Health, 6(2), S. 213-238. https://www.ceeol.com/search/article-detail?id=174007.

Maaz, H.-J. &. Krüger, A.H (Hrsg.) (2001). Integration des Körpers in die analytische Psychotherapie. Pabst Science Publishers.