Das Behandlungskonzept der
Kommunikativen Psychotherapie

Begründer und Hauptvertreter in der DDR

Die Kommunikative Psychotherapie wird von einer vierköpfigen Arbeitsgruppe unter der Leitung der Psychiaterin Christa Kohler (1928 – 2004) an der Universitätsklinik in Leipzig entwickelt. Neben Kohler können die Physiotherapeutin Anita Kiesel (heute Wilda-Kiesel, *1936), der Musiktherapeut Christoph Schwabe (*1934) und der Psychologe Hermann-Friedrich Böttcher (*1937) als Begründende des Verfahrens benannt werden.

Zeitliche Einordung

Die psychotherapeutische Arbeit an der Psychiatrischen Klinik der Universität Leipzig ist bis zum Anfang der 1960er Jahre durch die Schlaftherapie unter Schirmherrschaft des Psychiaters Dietfried Müller-Hegemann geprägt. Nach Müller-Hegemanns Ausscheiden als Direktor der Klinik stößt Christa Kohler als neue Leiterin konzeptionelle Neuerungen in der psychotherapeutischen Behandlung an. Ab etwa 1965 lässt sie durch eine Arbeitsgruppe bestehend aus Anita Kiesel, Christoph Schwabe und Herrmann-Friedrich Böttcher neue Behandlungskonzepte recherchieren und ausarbeiten. Während Kiesel bewegungstherapeutische und Schwabe musiktherapeutische Konzepte erprobt, erarbeitet Böttcher einen gemeinsamen psychologischen Rahmen.

In den folgenden Jahren werden von Kohler unterschiedliche Symposien und Tagungen mit psychotherapeutischem Schwerpunkt veranstaltet, um einen Austausch zu diversen Methoden zu ermöglichen. Die unterschiedlichsten therapeutischen Behandlungsformen werden nach und nach aufeinander abgestimmt und in einem gemeinsamen Behandlungskonzept unter dem Namen „Kommunikative Psychotherapie“ vereint. Das Konzept der Kommunikativen Psychotherapie wird 1968 in einem gleichnamigen Buch durch Christa Kohler verschriftlich. 1974 muss Kohler ihre Arbeit krankheitsbedingt niederlegen.

Die Weiterentwicklung der Kommunikativen Psychotherapie resultiert unter anderem darin, dass Kiesel und Schwabe unabhängig voneinander an bewegungs- bzw. musiktherapeutischen Konzepten weiterarbeiten, während Böttcher seine Arbeit am Klinikum Dresden, Standort Weißer Hirsch fortsetzt.

Zum Konzept der Kommunikativen Psychotherapie

Die Kommunikative Psychotherapie ist eine Komposition verschiedener Therapieformen im einzel- und gruppentherapeutischen Setting. Verbale und nonverbale Therapieformen, beispielsweise Gesprächs-, Musik- und Bewegungstherapie sowie gestalterische Therapieformen werden jeweils in Form von Einzel- und Gruppenpsychotherapie miteinander kombiniert und abgestimmt. Einzel- und Gruppenpsychotherapie werden hierbei als Übungssituationen für verschiedene Interaktionsformen im realen Leben der Patient:innen aufgefasst. Während die Gruppenpsychotherapie Interaktionen in Kollektiven nachbilden soll, soll die Einzelpsychotherapie Zweiersituationen versinnbildlichen. Gruppen- und Einzeltherapie werden dabei insgesamt als gleichwertige Behandlungsmethoden betrachtet und eine harmonische Wechselwirkung angestrebt.

Zur theoretischen Fundierung der Kommunikativen Psychotherapie werden unterschiedlichste psychologische und psychotherapeutische Konzepte aufgegriffen: Die marxistische Sozialpsychologie nach Hans Hiebsch und Manfred Vorwerg sowie die Einstellungspsychologie des georgischen Psychologen Dimitri Usnadse stellen wichtige theoretische Bezüge dar. Andererseits wird aber auch auf die Beiträge der US-amerikanischen Palo-Alto-Gruppe zur Kommunikationspsychologie zurückgegriffen. Darüber hinaus finden ebenfalls tiefenpsychologische Grundgedanken Eingang in das Therapiekonzept.

Quellen und Literatur

Böttcher, H. F. & Wilda-Kiesel, A. (2011). Von der Schlaftherapieabteilung der Universitätsklinik für Neurologie und Psychiatrie zur selbstständigen Abteilung für Psychotherapie und Neurosenforschung an der Universität Leipzig. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945-1995, S. 181–186. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Geyer, M. (2011a). Ostdeutsche Psychotherapiechronik 1950 – 1959. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945-1995, S. 90–95. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Geyer, M. (Hrsg.). (2011b). Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945-1995. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Kohler, C. (1968a). Kommunikative Psychotherapie. Jena: Fischer.

König, W. & Geyer, M. (2011). Wiederannährung an die Psychoanalyse in den 1960er Jahren. In M. Geyer (Hrsg.), Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945-1995, S. 161–164. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Maaz, H. J. (2011). Zur Geschichte der Psychotherapie in der DDR. European Journal of Mental Health, 6, S. 213–238.

Steinmetz, M. (2014). Eine Werkbiografie über Christa Kohler (1928-2004):
Psychotherapeutische und sozialpsychiatrische Forschung und Praxis in der DDR.
Dissertation, Universität Leipzig.