Phase 1 – 1945-1949
Der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit
Nach der Entnazifizierung der Universitäten in der SBZ waren Kurt Gottschaldt (1902-1991) in Berlin mit erbpsychologischen Forschungen, Werner Straub in Dresden (1904-1983) mit arbeitspsychologischen Forschungen und Werner Fischel in Leipzig (1900-1977) mit tierpsychologischen Untersuchungen als Institutsdirektoren angestellt. Inhaltlich setzte die Psychologie an den Erkenntnissen aus der Weimarer Republik an. Diese war politisch-ideologisch jedoch als „bürgerlich“ verpönt. Schnell stieg der politische Druck sich ideologisch von der westlichen Psychologie abzugrenzen und sich ideologisch an der Sowjetunion zu orientieren. Zudem sollte sie als „Aufbaupsychologie zur Umerziehung der älteren Generation und Bildung und Erziehung der Jugend beitragen.
08.05.1945
Ende des 2. Weltkriegs; Befreiung Deutschlands von der Naziherrschaft; Besetzung des Landes durch Siegermächte
22.07.1945
Bildung der Deutschen Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen
in der Sowjetischen Besatzungszone und und Erlass der Befehle (Nr. 234 und 272) zum landesweiten Ausbau von Polikliniken und Krankenhäusern. Der Befehl 272 bildet die Grundlage für (Wieder-) Errichtung einer von der Sozialversicherung getragenen Poliklinik (späteres Haus der Gesundheit, Berlin).
1945
17. Juli – 2. August: Potsdamer Abkommen
Die Staats- und Regierungschefs der USA, Sowjetunion und Großbritannien beschließen die Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Demokratisierung und Dezentralisierung Deutschlands. 25% des Staatsgebiets wird abgetrennt. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus mittel- und osteuropäischen Regionen wird damit legalisiert.
1946
Gründung der SED
Gründung durch Vereinigung von SPD und KPD am 21./22. April 1946, Vorsitzende Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl. Zuständige Sekretäre für Gesundheitswesen: Helmut Lehmann, Paul Merker (beide 1946 – 49), Paul Wessel (1949 – 50). Abteilung Gesundheitspolitik, ab 1946 / ab 1947. Abteilung Gesundheitswesen in der Hauptabteilung Arbeit und Sozialfürsorge – Leitung: Hans Horst (1946), Hugo Gräf (1946 – 1949).
1948
27. – 29. Mai: Tagung „Psychotherapie und Medizinische Psychologie“
Im sowjetischen Sektor findet die wissenschaftliche Tagung „Psychotherapie und Medizinische Psychologie“ statt. Themen sind unter anderem die Ermordung „Geisteskranker“, die Massensterilisierung Erbkranker, Schuldbekenntnisse deutscher Psychiater und ihre Täter- und Mittäterschaft bei der Vernichtung ihrer Patienten sowie die Vertreibung Sigmund Freuds während der NS-Zeit.
1949
Veröffentlichung der ersten Ausgabe der Zeitschrift für „Psychiatrie, Neurologie und Medizinische Psychologie“
07.10.1949
Gründung der DDR
Phase 2 – 1950–1959
Ideologisierung und Umerziehung
Die 50er Jahre sind vor allem geprägt von einer verstärkten Ideologisierung der Psychologie. Ein dogmatischer Pawlowismus konnte zwar Mitter der 50er Jahre abgewendet werden, der Druck sich an den sowjetischen Wissenschaften zu orientieren verschwand aber nicht. In den 50er Jahren erschienen mehrere Übersetzungen aus dem sowjetischen, die die Grundlage für eine marxistisch-leninistische Psychologie darstellen sollten. Im Rahmen des Beschlusses „Intellektuelle und die Partei“ von 1949 sowie der zweiten Hochschulreform ab 1950 wurde beispielsweise durch Einführung eines marxistisch-leninistischen Grundstudiums und russisch als Pflichtfach eine breit wirksame Ideologisierung der Hochschul- und Forschungslandschaft bewirkt.
05.03.1953
Tod von Josef Stalin
17.06.1953
Ein sich über fast die gesamte DDR erstreckender Volksaufstand wird mit Hilfe sowjetischer Panzer niedergeschlagen
1955
Neufassung des Studienplanes, Gründung der Arbeitsstelle für experimentelle und angewandte Psychologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften
Neufassung des Studienplanes, Einbeziehung neuer spezieller Anforderungen insbes. in der klinischen Psychologie und der Arbeits- und Erziehungspsychologie, Erweiterung des Studiums auf 5 Jahre. Neufassung des Studienplans 1955 unter Leitung des Wissenschaftlichen Beirats beim Staatssekretariat für das Hoch- und Fachschulwesen.
27.03.1955
Erste staatliche Jugendweihe
Die erste staatlich organisierte Jugendweihe „zur Unterstützung der kommunistischen Erziehung der Jugend im 8. Schuljahr“ findet in Ost-Berlin statt. Die Jugendweihe soll die Konfirmation/Firmung der christlichen Kirchen ablösen.
1955
Oktober / November 1955: Niederschlag des Volksaufstands gegen das kommunistische Regime in Ungarn
1956
XX. Parteitag des KPDdSU mit „Entstalinisierungs-Rede“ von Nikita Chruschtschow
10.07.1959
Serienproduktion des Trabis beginnt
Der Kleinwagen-Zweitakter „Trabant“ mit Kunststoff-Karosserie („Rennpappe“) wird bis 1991 über drei Millionen Mal hergestellt. Die Wartezeit ab Bestellung beträgt 12 bis 15 Jahre.
22.11.1959
Die erste Folge von „Unser Sandmännchen“ wird ausgestrahlt.
Phase 3 – 1960–1969
Profilierung, Institutionalisierung und Pragmatismus
Der Mauerbau bedeutete auch für die Entwicklung der Psychologie eine weitere Abgrenzung von der Psychologie in der BRD. Die Gründung der Gesellschaft für Psychologie der DDR trug zusammen mit der allmählichen Übernahme der „neuen Intelligenz“ und einer wachsenden Anerkennung in der Politik dafür, dass die Psychologie mehr Förderung erhielt und sich profilieren und institutionalisieren konnte. Die führte auch zu einer Verdopplung der Studierendenzahlen Vor allem die pädagogische Psychologie profitierte von dieser Entwicklung. Von der Politik wurde der Psychologie die Aufgabe zugewiesen als Produktivkraft zu wirken. Zudem sollte sie verstärkt auf die Herstellung der „sozialistischen Persönlichkeit“ hinwirken. Vor allem die kybernetische Psychologie um Klix (1927-2004) fand auch international Anerkennung.
21.03.1960
Der „Schwarze Kanal“ hat Premiere.
Die politisch-agitatorische Sendereihe von Karl-Eduard von Schnitzler hat ihre letzte Sendung am 30.10.1989.
13.08.1961
Beginn Mauerbau
1962
Gründung einer eigenständigen Abteilung „Pädagogische Psychologie“ am DPZI
Institutionalisierung pädagogischer Psychologie
04.12.1962
Erster staatlicher Intershop wird eröffnet.
Im Intershop kann nur mit Westwährung bezahlt werden, nicht mit DDR-Mark. Günstig angeboten werden Westwaren (und solche DDR-Produkte, die ausschließlich für den Export bestimmt sind). Ab 1974 ist es DDR-Bürgern gestattet, D-Mark zu besitzen.
1966
Gründung des Zentralinstituts für Jugendfroschung
1966
1966 – 1973: „Drüben“, ein Politmagazin des ZDF, berichtet über Politik, Wirtschaft, Kultur und Alltag in der DDR
1968
2. Kongreß 1968 der GfP in Berlin
1968
August: Beendigung des Prager Reformmodells eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“
12.10.1968
Nationales Olympisches Komitee (NOK) der DDR wird voll anerkannt
Nach der vollen Anerkennung des NOK der DDR durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) marschiert die DDR-Mannschaft ab 1972 (München) unter der DDR-Staatsflagge auf. Schon 1968 waren bei den Olympischen Spielen zwei getrennte deutsche Mannschaften angetreten, allerdings noch unter einer gemeinsamen schwarz-rot-goldenen Flagge mit olympischen Ringen.
03.10.1969
Der Fernsehturm wird eingeweiht.
Mit dem Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz errichtet die DDR das bis heute höchste deutsche Bauwerk (368 m). Bei Sonnenschein erscheint auf der stahlverkleideten Turmkugel durch Reflexion das christliche Symbol eines Kreuzes. Der Volkswitz deutet es als „Rache des Papstes“ an den gottlosen Erbauern.
Phase 4 – 1970–1979
Zugeständnisse an das Subjekt, Handlungsorientierung
Das politisch motivierte Interesse an den Ressourcen des Einzelnen rückte die individuellen Fähigkeiten, Bedürfnisse und Ressourcen von Menschen in den Mittelpunkt psychologischer Forschung. Die Psychodiagnostik, klinische Psychologie und Persönlichkeitspsychologie wurden stärker gefördert. Die Hinwendung zum Individuum bedeutet keine Abwendung von anderen ideologischen Zielen. Vielmehr sollten vor dem Hintergrund des weiteren Aufbaus der sozialistischen Persönlichkeit die individuellen Fähigkeiten der Menschen dazu genutzt werden, die Produktivität zu erhöhen. Vor allem in der pädagogischen Psychologie verstärkte sich durch die Übernahme des Volksbildungsministeriums durch Margot Honecker die Kontrolle und der ideologische Druck.
1966
1966 – 1973: „Drüben“, ein Politmagazin des ZDF, berichtet über Politik, Wirtschaft, Kultur und Alltag in der DDR
18.03.1970
Beginn einer Phase innerdeutscher Entspannung und »neuer Bonner Ostpolitik«
Treffen des Bundeskanzlers Willy Brandt mit DDR-Ministerpräsident Willi Stoph in Erfurt.
19.03.1970
Erfurter Gipfeltreffen: Willy Brandt in Erfurt.
08.02.1971
Brandenburger Konferenz
8.-9. Februar: Die Abteilung Gesundheitspolitik des Zentralkomitees der SED veranstaltet eine zukunftsweisende Konferenz zur gesellschaftlichen Rolle von Psychiatrie und Psychotherapie in der DDR mit dem Titel „Fragen der ideologischen Situation in den Fachgebieten Psychiatrie/Neurologie und Psychologie“ mit 300 Teilnehmenden in Brandenburg.
1971
Juni: 8. Parteitag der SED
Walter Ulbricht tritt von seinen Ämtern zurück, Erich Honecker wird neuer Generalsekretär der SED und des nationalen Verteidigungsrates.
1973
28. Juli – 5. August: X. Weltfestspiele in (Ost-)Berlin
01.01.1974
Autokennzeichen „DDR“
DDR-Kraftfahrzeuge sind nicht mehr mit dem bisherigen internationalen Kennzeichen „D“ (für Deutschland) sondern mit „DDR“ gekennzeichnet.
22.06.1974
Fußballländerspiel DDR gegen BRD bei der WM
Im einzigen deutsch-deutschen Fußballduell besiegt in der Vorrunde der WM die DDR-Mannschaft den späteren Weltmeister mit 1:0. Das Siegestor schießt Jürgen Sparwasser (26). 1988 siedelt er in die Bundesrepublik über.
01.08.1976
Triumph bei Olympia
Im Medaillenspiegel der Olympischen Sommerspiele von Montreal belegt die DDR hinter der UdSSR und vor den USA den zweiten Platz. Gleiches wiederholt sich 1988 bei den Sommerspielen in Seoul. Zur Steigerung ihres internationalen Ansehens fördert die DDR intensiv Leistungssportler, z. T. auch mit Doping.
06.11.1976
Wolf Biermann wird ausgebürgert
Der regimekritische Sänger darf nach einem Gastspiel in Köln nicht in die DDR zurückkehren. Er wird ausgebürgert. Zahlreiche weitere DDR-Schriftsteller und Künstler protestieren und verlassen z. T. das Land.
1977
Kaffeekrise
Es kommt zu Versorgungsschwierigkeiten mit Kaffee.
1978
20. – 23. September 1978: „Karat“ gewinnt Grand Prix:
Beim Internationalen Schlagerfestival in Dresden erringt die Rockmusikgruppe mit ihrem Lied: „Über sieben Brücken musst du geh’n“ den ersten Preis. Es wird auch in Westdeutschland sehr populär, wo die Gruppe – ebenso wie andere DDR-Künstler – verschiedentlich auftritt.
28.12.1979
Schneekatastrophe
72-stündiger Schneesturm im Norden der DDR, die Temperaturen stürzen um 30 Grad Celsius. Die Insel Rügen ist komplett von der Außenwelt abgeschnitten, Urlauber wie Einwohner sind „gefangen“.
Phase 5 – 1980–1989
Stagnation und Öffnung
Mit dem internationalen Kongress für Psychologie in Leipzig gipfelte 1980 die internationale Anerkennung für die Psychologie der DDR. Politisch wurde diese Leistung anerkannt und die Psychologie konnte sich dem nicht-sozialistischen Ausland gegenüber weiter öffnen. Trotzdem stagnierten sowohl die Studierendenzahlen auch als auch die Förderung der Psychologie. Inhaltlich wurde ein biopsychosozialer Ansatz entwickelt.
1980
August: Solidarność-Bewegung in Polen
Die erfolgreiche Solidarność-Bewegung in Polen stellt den Machtanspruch der kommunistischen Parteien im gesamten Ostblock in Frage. Für DDR-Bürger wird die Einreise in die Volksrepublik Polen dadurch praktisch unmöglich.
25.10.1983
Udo Lindenberg gibt sein einziges DDR-Konzert vor dem Mauerfall
Eingeleitet hat den Auftritt FDJ-Chef Egon Krenz – und zwar als „Friedenskonzert“, da der despektierliche Songtext Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ SED-Chef Honecker verärgert hatte.
10.05.1984
Die Sowjetunion boykottiert die Olympiateilnahme in Los Angeles
19 Länder des Ostblocks schließen sich an, darunter die DDR. Die USA verweigerte ihre Teilnahme zuvor bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau.
1985
Beginn der Ära Gorbatschow
1987
Februar: Grundsatzrede Honeckers
Erich Honecker hält eine politische Grundsatzrede und vertritt die Überzeugung, die Perestroika Gorbatschows habe keine Bedeutung für die DDR mehr, da sich die 1970 begonnene Umorientierung in der Volkswirtschaft bereits bestens bewährt habe.
09.09.1989
Gründung der Bürgerbewegung „Neues Forum“
09.10.1989
Demonstrationen in Leipzig
Rund 70.000 beteiligen sich an einem Demonstrationszug durch die Leipziger Innenstadt. Die Großdemonstration verläuft gewaltfrei.
09.11.1989
Tag des Mauerfalls
Phase 6 – 1990–1995
Aufnahme in die Psychologie der BRD – Ein Schlussstrich?
Am 3. Oktober 1990 erfolgt die Neuorganisation der Psychologie in beiden deutschen Staaten. Als Vorbild dient das Muster der Bundesrepublik. Als Folge kommt es zu personellem und technischem Ausbau, sowie zu Neugründungen psychologischer Institutionen, aber auch zur Kündigung und zum Transfer vieler psychologischer Wissenschaftler.
30.06.1990
Währungsunion von BRD und DDR
03.10.1990
Wiedervereinigung Deutschlands