
Akteur

Prof. Dr. med. Johannes Suckow (1896–1994)
Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie und Neurologie an der Medizinischen Akademie Dresden
Zwischen „Euthanasie“ und Sozialpsychiatrie
Johannes Suckow gehört zu jener Generation von Psychiatern, die während der NS-Zeit eine Mitschuld an den Verbrechen an psychisch Kranken und Behinderten auf sich genommen haben. Sein Handeln steht exemplarisch für viele seiner Generation. Der Krieg habe ihn, so Johannes Suckow, davor bewahrt, tiefer in die Tötungen verstrickt zu werden. Er arbeitete vier Monate an der Forschungsanstalt in Wiesloch, in der Gehirne getöteter Patientinnen und Patienten untersucht werden sollten. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte er sich in Leipzig und Dresden für sozialpsychiatrische Reformen und die Verbesserung des therapeutischen Milieus ein.
Porträt
1896 | 3. April: Johannes Suckow wird in Stargard/Pommern geboren. |
1914–1918 | freiwillige Teilnahme am Ersten Weltkrieg |
1917 | Einschreibung für das Studium der Medizin in Berlin |
1919–1923 | Studium der Medizin, u.a. in München bei Emil Kraepelin, Approbation |
1924 | Dissertation zum Thema „Atemstörungen bei der Encephalitis epidemica“ |
1924–1928 | Assistenzarzt an der Psychiatrischen und Nervenklinik der Charité bei Karl Bonhoeffer, Wechsel nach Leipzig zu Paul Schröder |
1934–1939 | Abteilungsarzt der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Leipzig-Dösen, anschließend Tätigkeit am Maria-Anna-Heim, eine Einrichtung, die zur Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein gehört. Hier lernt Suckow einen der Haupttäter der NS-„Euthanasie“, Hermann Paul Nitsche kennen. Ab 1939 Truppenarzt bzw. Arzt in Feldlazaretten. |
1942–1945 | Durch die Vermittlung von Nitsche wurde er im Oktober 1942 an eine Forschungsabteilung in der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch, einer Außenabteilung der Carl Schneider unterstellten Heidelberger Universitätsklinik für Psychiatrie, berufen und „uk“ gestellt. Ab 1943 Stabsarzt im Reservelazarett Wiesloch. |
1946–1954 | Rückkehr nach Leipzig, Tätigkeit an der Landesanstalt Leipzig-Dösen und gleichzeitig Lehrauftrag für Psychiatrie und Neurologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, 1950 Habilitation mit dem Thema „Katatone Symptome bei organischen Psychosen und ihre Beziehung zu schizophrenen Erkrankungen“ |
1954 –1963 | Berufung als Professor mit vollem Lehrauftrag für Neurologie und Psychiatrie an die Medizinische Akademie Dresden, ab 1. September 1957 als Professor mit Lehrstuhl, Aufbau der psychiatrischen und neurologischen Klinik sowie Poliklinik |
1994 | 7. April: Johannes Suckow stirbt in Dresden |
[…] nach dem Krieg würden aus den Anstalten nur Pflegeheime, eine ärztliche Betreuung wie bisher gebe es nicht mehr, im Falle Dösen würde ein Arzt von der Klinik öfter hier zum Rechten sehen […] Wäre es da nicht schöner […] wenn Du [Johannes Suckow] bald versuchtest, Dir einen Weg zur Universität zu bahnen?
Magdalene Suckow an Johannes Suckow vom Februar 1940, zitiert nach Lienert (2018), S. 87.
Auswahl Publikationen
Suckow, Johannes: Atypische Symptome und histologische Besonderheiten bei amyotrrophischer Lateralsklerose, in: Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie 5 (1/2), 1953, S. 16–21.
Suckow, K. L.: Zur gezielten Therapie vegetativer Störungen mit Eseral, in: Zeitschrift für ärztliche Fortbildung 54 (1), 1960, S. 21–23.
Quellen und Literatur
Lienert, Marina: «Der Krieg hat mich vor Schlimmerem bewahrt.» Der Lebensweg des Psychiaters Johannes Suckow (1896–1994), in: Beiträge zur Dresdner Hochschulmedizin, Dresden 1999 (Schriften der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus), S. 79–88.
Lienert, Marina: Deutsche Psychiatrie im 20. Jahrhundert: Der Lebensweg des Psychiaters Johannes Suckow (1896-1994), in: Sudhoffs Archiv 84 (1), 2000, S. 1–18.
Lienert, Marina: Johannes Suckow (1896–1994). Ein „Euthanasie-Verbrecher“ als Gründer der Klinik für Psychiatrie und Neurologie der Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ Dresden?, in: Kumbier, Ekkehardt; Steinberg, Holger (Hg.): Psychiatrie in der DDR, 2018 (Schriftenreihe zur Medizin-Geschichte 24), S. 79–93.
Parnitzke, Karl Herbert: Professor em. Johannes Suckow zum 90. Geburtstag, in: Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie 38 (9), 1986, S. 556–557.
Parnitzke, K. H.: Professor em. Johannes Suckow zum 70. Geburtstag, in: Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie 18 (3), 1966, S. 81–82.