
Akteur

Dr. med. Wilhelm Bender (1900–1960)
Psychiater
Durchs Raster der Justiz gerutscht
Wilhelm Bender kann seine ärztliche Karriere in der DDR nahtlos weiterführen. Obwohl er direkt an den Planungen der Krankenmorde 1939 in der Kanzlei des Führers beteiligt ist und schließlich auch an der Umsetzung der Patiententötungen in der Landesheil- und Pflegeanstalt Berlin Buch, hat dies keine Konsequenzen für ihn. 1946 wird er Direktor der Landesheil- und Pflegeanstalt Ueckermünde. Vier Jahre später geht Bender zurück nach Berlin. Aufgrund der positiven Fürsprache des im Magistrat von Großberlin angestellten Erich Braemer, der sich die „größten Verdienste“ beim Aufbau des Ostberliner Gesundheitswesens erwirbt, wird Bender 1950 in der Anstalt Berlin-Wuhlgarten (heute Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus) als Ärztlicher Direktor eingestellt.
Ich habe „auch während des Hitlerregimes meine ärztliche Grundeinstellung weder verkauft noch aufgegeben […]. Ich […] fühle mich dem ärztlichen Ethos unter allen Umständen entscheidend verhaftet. Die Belange unserer Kranken kenne ich aufgrund einer spezifischen Neigung und langjähriger Erfahrung genau und hoffe, sie bestens vertreten zu können.“
Dr. med. Wilhelm Bender (Historisches Archiv AMEOS Klinikum Ueckermünde, Personalakte Wilhelm Bender, unpag.).Porträt
1900 | 6. April: Wilhelm Bender wird in Leun/Lahn geboren. |
1918 | Kriegsteilnahme als Matrose bei der deutschen Marine |
1919–1924 | Studium der Medizin in Gießen und Tübingen |
1925–1926 | Approbation, Volontär am Hygienischen Institut der Universität Gießen und Assistenzarzt an den Bethelschen Anstalten (Bielefeld) sowie Wittenauer Heilstätten Berlin. |
1931 | Mitgliedschaft in der NSDAP (nach eigenen Aussagen erst ab 1933) |
1934–1940 | Ärztlicher Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Berlin Buch. In dieser Zeit fungiert die Einrichtung als Sammelstelle für jüdische Kranke aus Berliner und brandenburgischen Heil- und Pflegeanstalten. Bender koordiniert deren Weiterverlegung in die „Euthanasie“-Anstalt Brandenburg. |
1940–1945 | Einsatz bei der Wehrmacht als Reservearzt, u.a. in Norwegen |
1946 | Mai: Eintritt in die SED. Die Entnazifizierungskommission des Kreises Ueckermünde attestiert, Bender habe sich nach dem „Zusammenbruch Nazideutschlands“ sofort für den Wiederaufbau eingesetzt und der Besatzungsmacht als Arzt unterstützend zur Seite gestanden. |
1946–1950 | Ärztlicher Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Ueckermünde |
1950–1960 | Ärztlicher Direktor der Anstalt Berlin-Wuhlgarten (heute Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus). Bender sei für „den besonders dringenden Neuaufbau des Berliner Irrenwesens“ nachdrücklich geeignet. |
1960 | 13. Januar: Bender stirbt im Bucher Klinikum. Für seine Verbrechen an psychisch Kranken ist er nicht zur Verantwortung gezogen worden. |

Schreiben der SED, Landesvorstand Schwerin bezüglich des Entnazifizierungsverfahrens Dr. Wilhelm Bender. Quelle: LHAS, 9.4-1: NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ZW 132, unpag.
Auswahl Publikationen
Bender, Wilhelm: Arbeitstherapie, besonders bei alten Schizophrenen, in: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin 87, 1927, S. 402–409.
Bender, Wilhelm: Über Speichelsteine. Med. Diss. Universität Greifwald, 1930.
Bender, Wilhelm: Wiederaufbauprobleme in den Heil- und Pflegeanstalten, in: Das Deutsche Gesundheitswesen 5, 1950, S. 1365–1367.
Quellen und Literatur
Haack, Kathleen: Vom „Anstaltsboom zum NS-Krankenmord. Psychiatrie in Ueckermünde und Pommern im 19. und 20. Jahrhundert; Böhlau Wien, Köln, 2025, S. 374–379.
Historisches Archiv AMEOS Klinikum Ueckermünde, Personalakte Wilhelm Bender, unpag
BArch, R 9361-I/185: Parteistatistische Erhebung Berlin: Bender, Wilhelm.
LHAS, 9.4-1: NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ZW 132, unpag.