
Akteur

Luitpold Steidle (1898–1984)
Offizier, Landwirt, Gesundheitsminister
Vom Kriegsbefürworter und Offizier zum DDR-Gesundheitsminister
Steidle stammte aus einer katholisch-bürgerlichen Familie in Süddeutschland. Geprägt war er von einer konservativ-militärischen Erziehung. Freiwillig kämpfte er im Ersten und als Offizier im Zweiten Weltkrieg. Mit der Gefangennahme im Kessel von Stalingrad wandelte sich sein Weltbild – er schloss sich deutschen Offizieren und Emigranten an, die sich gegen Hitler wandten. Nach Kriegsende kam er als CDU-Mitglied und gelernter Landwirt in höhere Verwaltungsämter in der SBZ und wurde mit Gründung der DDR Gesundheitsminister. An seiner Person konnte die herrschende SED zeigen, wie sie in der DDR erfolgreich bürgerliche Eliten in den Arbeiter- und Bauernstaat einzubinden vermochte.
Wenn man jetzt übers Land fuhr, dann sah man nicht nur, dass die armseligen Landarbeiterkaten durch saubere, wohnliche Gehöfte verdrängt wurden, dass die einklassigen Landschulen verschwanden, dass die schmalen Ackerstreifen zu den Schlägen der landwirtschaftlichen Genossenschaften zusammenwuchsen: man sah auch die neuen Landambulatorien und Schwesternstationen, und man wusste, dass das Erbe der Vergangenheit, die jahrhunderteealte Rückständigkeit des Dorfes, auch im Bereich des Gesundheitswesens überwunden wird.
Autobiographie „Entscheidung an der Wolga“, 1969Porträt
1898 | 12. März in Ulm geboren |
1898 – 1915 | aufgewachsen in konservativ-bürgerlichem Milieu, katholisch |
1915 – 1918 | Freiwilliger im 1. Weltkrieg |
1918 – 1933 | kein Abitur, Ausbildung zum Landwirt Unterstützung Schwarze Reichswehr eigener Hof mit Familie in Bayern, wechselnde Tätigkeiten in Landwirtschaft in Brandenburg und Hessen |
1933 _ 1934 | NSDAP-Mitglied |
1934 – 1943 | Offizier der Reichswehr |
1943 – 1945 | Kommandeur Grenadierregiment Stalingrad sowjetische Gefangenschaft Bund Deutscher Offiziere und NKFD, Fronteinsatz für Rote Armee |
1945 – 1948 | Vizepräsident Deutsche Verwaltung für Land- und Forstwirtschaft |
1946 | Mitglied CDU, Befürwortung Oder-Neiße-Grenze |
1948 – 1949 | stellv. Vorsitzender Deutsche Wirtschaftskommission |
1949 – 1958 | Gesundheitsminister „wider Willen“ |
1949 – 1971 | Mitglied der Volkskammer, Berater Aufbau NVA |
1960 – 1969 | Oberbürgermeister Weimar |
1984 | 27. Juli in Weimar gestorben |
Auswahl Publikationen
Steidle, L. (1969). Entscheidung an der Wolga. Union-Verlag.
Quellen und Literatur
Privatarchiv Anna Steidle, München, PA Steidle.
BArch, DQ 1/1768.
BArch, DQ 1/1786.
BArch, DQ 1/6674.
BArch, DQ 1/20288.
BArch, MfS, AIM 3299/63 „Ilona“.
Braun, J. (2022). Politische Medizin. Wallstein.