Akteur

Werner Straub (1902–1983)

Psychologe, Professor, Rektor

 

 

Werner Straub hat die Entwicklung der Psychologie an der Technischen Hochschule/Technischen Universität Dresden über mehr als drei Jahrzehnte hinweg maßgeblich mitgeprägt – als Hochschullehrer und Forscher. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten zählten arbeitspsychologische, arbeitswissenschaftliche und eignungspsychologische Problemstellungen. Unter dem Vorsitz von Werner Straub wurde 1962 die Gesellschaft für Psychologie der DDR gegründet.

Sozialisation und Ausbildung

Werner Straub wird 1902 in Stuttgart geboren. Nach dem Abitur und einer Buchhändlerlehre (1921 bis 1923) beginnt er 1923 ein Studium der Psychologie und Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dort promoviert er 1927 mit einer experimentellen Arbeit über Tonqualität und Tonhöhe. Weitere vier Jahr später habilitiert er sich am Psychologischen Institut der Technischen Hochschule (TH) Darmstadt mit einer Arbeit zum Thema „Grundlagen einer experimentellen Bildungspsychologie“. Nachfolgend wechselt er nach Dresden, wo er bis zu seiner Emeritierung an der Technischen Hochschule (TH) bzw. (ab 1961) Technischen Universität (TU) Dresden tätig ist.

Beruflicher Werdegang

Nach einer Lehre im Sortimentsbuchhandel, welche er 1923 als Gehilfe beendet, entscheidet Werner Straub sich, einen neuen Berufsweg einzuschlagen: Nach einem vierjährigen Studium der Psychologie und Philosophie in München und anschließender Promotion erhält er 1927 eine erste Anstellung als Assistent am Psychologischen Institut der TH Darmstadt. Nach seiner wiederum vier Jahre später in Darmstadt erfolgreich abgeschlossenen Habilitation wirkt Straub ab 1931 zunächst als Privatdozent mit Lehrauftrag am Institut für Psychologie und Philosophie der TH Dresden. Als dessen Direktor Philipp Lersch 1937 nach Breslau wechselt, übernimmt Straub den frei gewordenen Lehrstuhl zunächst als außerplanmäßiger, ab 1939 dann als außerordentlicher Professor.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs, den er anfangs noch in Freistellung vom Wehrdienst, später im unmittelbaren Kriegseinsatz und schließlich in amerikanischer Kriegsgefangenschaft verbringt, wird Straub 1946 schließlich zum ordentlichen Professor an der TH Dresden berufen. Noch im gleichen Jahr übernimmt er ebenfalls das Amt des Dekans der Pädagogischen Fakultät, im darauffolgenden Jahr wiederum das Amt des Rektors der TH Dresden, das er bis 1949 innehat. Mit Ausnahme eines Hochschulsemesters, das er 1950 als ordentlicher Professor und Institutsleiter an der Universität Leipzig verbringt, verbleibt Werner Straub bis zu seiner Emeritierung 1967 Direktor des von ihm selbst gegründeten Instituts für Psychologie an der TH Dresden.

Das Zentrale im Wirken Werner Straubs wurde uns, wenn überhaupt – erst viel später erkennbar. Wir hatten einen akademischen Lehrer, der als Lehrer lebte, seine Forschung dem Lehren unterordnete – nicht dem wissenschaftlichen Eigenmarketing –, einen Lehrer mit einer überkritischen Haltung gegen sich selbst, aber gleichzeitig voller Ermutigung für unsere, seiner Schüler, wissenschaftlichen Anfänge.

Winfried Hacker über Werner Straub, in: Hacker, W. (2003). Festvortrag Winfried Hackers beim Kolloquium zum 100. Geburtstag von Werner Straub im Jahre 2002. In K. Hrsg. Westhoff (Hrsg.), Entscheidungen für die Psychologie an der TU Dresden (S. 10–12). Pabst Science Publ., S. 12.
Kongress der Gesellschaft für Psychologie der DDR, 1964. Bildquelle: TU Dresden

Politische Orientierung

Hochschuldozent an der TH Dresden unterschreibt Werner Straub wie viele andere Kollegen während der Zeit des Nationalsozialismus das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler. Während seines Wirkens als Hochschulpsychologe in der DDR stellt er sich, ohne vollends von dieser überzeugt zu sein, weitgehend in den Dienst der SED-Ideologie – unter anderem auch als Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit beim Ministerium für Staatssicherheit, das ihn für Tätigkeiten in der Auslandsspionage gewinnen will.

Indem Straub die von ihm betriebene Forschung und Lehre zur Arbeitspsychologie gezielt mit den Anforderungen einer sozialistischen Produktion in Einklang bringt, diese darüber hinaus auch naturwissenschaftlich verankert, umgeht er geschickt eine von ‘oben‘ gesteuerte ideologische Einengung. Dort wird seine Arbeit als wesentlicher Beitrag zur gewünschten Steigerung der Produktivkraft der Arbeitenden gewertet. Rückblickend sind die Errungenschaften der Arbeitspsychologie in der DDR infolge von Werner Straubs mehr als drei Jahrzehnte umfassenden Tätigkeit in diesem Bereich tatsächlich untrennbar mit seinem Namen verbunden.

Fachpolitisches Engagement

Nach seiner Berufung zum Direktor des Instituts für Psychologie an der TH Dresden im Jahr 1946 widmet Werner Straub sich umgehend dem Wiederaufbau der zu mehr als 75 Prozent zerstörten Hochschule. Bereits während seiner Zeit als Rektor gelingt es ihm, den allgemeinen Lehrbetrieb großteilig wieder aufzubauen. 1949 baut er das Institut für Psychologie an der TH Dresden auf und führt den Diplomstudiengang Psychologie wieder ein. Großes Anliegen ist es Straub hierbei, eine der technischen Ausrichtung der Hochschule angepasste arbeitspsychologische Ausbildung herauszubilden, die wissenschaftstheoretisch fundiert, zugleich aber auch praxistauglich ist. Zur Umsetzung dieser Ziele schließt Straub als erster Hochschulpsychologe in der DDR Kooperationsverträge mit verschiedenen lokalen Betrieben der volkseigenen Industrie ab und führt – um Lehre, Forschung und Praxis in der Arbeitspsychologie besser miteinander zu verzahnen – 1953 ein alljährliches Berufspraktikum als festen Bestandteil des Psychologiestudiums ein. Später wird dieses noch um ein im Produktionsbetrieb zu absolvierendes zusätzliches Großes Praktikum ergänzt.

Neben Forschung und Lehre ist Werner Straub ab 1949 auch als Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften sowie ab 1950 als Vorsitzender des Landesfriedenskomitees in Sachsen aktiv. 1962 wird unter seiner Leitung die Gesellschaft für Psychologie der DDR gegründet, deren Vorsitz er bis 1968 innehat. Für seine Verdienste um den Wiederaufbau der TH Dresden und sein Engagement zur Fortentwicklung der Arbeitspsychologie unter sozialistischen Maßgaben erhält Straub 1960 den Vaterländischen Verdienstorden in Bronze und 1962 in Silber.

Weiterer Lebensweg

Werner Straub wird 1967 emeritiert und verbleibt noch bis 1968 Vorsitzender der Gesellschaft für Psychologie der DDR. Nach langer Krankheit stirbt Straub 1983 in seiner Wahlheimat Dresden. Ihm gewidmet wird an der TU Dresden bis heute alljährlich der Werner-Straub-Preis an Hochschulabsolventen mit herausragenden Abschlüssen verliehen.

 

„Auch Psychologen haben manchmal ‚goldene Träume‘. Sie träumen von systematischer, konsequenter, kontinuierlicher Forschung. Wir wollen nicht in den Fehler verfallen, den wir so oft den Praktikern vorwerfen, wenn sie vom Psychologen in Wochen- oder Tagesfrist goldene Eier erwarten. Wir meinen nicht, daß goldene Träume von heute auf morgen sich erfüllen können. Wir wissen, daß eigene Arbeit zur Verwirklichung beitragen muß. Aber ein wirklicher Silberstreif – ? Er ist zu sehen.“

in: Straub, W. (1965). Eröffnungsansprache auf dem ersten Kongreß der Gesellschaft für Psychologie der DDR. In Vorstand der Gesellschaft für Psychologie der Deutschen Demokratischen Republik & W. Straub (Hrsg.), Psychologie als gesellschaftliche Produktivkraft (S. 9–18). VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, S. 11.

Quellen und Literatur

o. N. (1983). In memoriam Prof. Em. Dr. Phil. Habil. Werner Straub 14.7.1902-25.1.1983. Psychologie für die Praxis, 1(1), 5–7.

Hacker, W. (1983). Nachruf Werner Straub (14.7.1992—25.1.1983). Zeitschrift für Psychologie, 191(2), 105–107.

Westhoff, K. (Hrsg.). (2003). Entscheidungen für die Psychologie an der TU Dresden. Pabst Science Publ.

Bildquelle: TU Dresden