
Akteur

Dr. phil. Anita Wilda-Kiesel (*1936)
Fachphysiotherapeutin für funktionelle Störungen, Diplom-Sportlehrerin, promovierte Psychologin
Dr. Anita Wilda-Kiesel wirkt ab 1971 an der Etablierung der Fortbildung für Physiotherapeuten zum Fachphysiotherapeuten für Psychische Erkrankungen mit. Diese Fortbildung besteht ab dem Jahr 1972 bis zum Mauerfall (1989). Kernelement der Ausbildung bildet die Methode der Kommunikativen Bewegungstherapie, als dessen Mitbegründerin Frau Dr. Wilda-Kiesel gilt. Der Therapieansatz konzentriert sich auf die Wahrnehmung des eigenen Körpers und dessen Beziehung zur Umgebung sowie die Förderung der zwischenmenschlichen Kommunikation in der Gruppenbewegungstherapie für psychisch erkrankte Menschen. Infolge der Etablierung der Ausbildung zum Fachphysiotherapeuten für Psychische Erkrankungen werden Physiotherapeuten DDR-weit in Leipzig ausgebildet. Dies trägt dazu bei, dass die Methode in diversen klinischen Einrichtungen fester Bestandteil des Behandlungssettings wird, Ärzte und Psychotherapeuten mit einem körperbezogenen Therapieansatz in Kontakt kommen und diesen zunehmend fördern. Erstmals wird dieser Therapieansatz an der Leipziger Karl-Marx-Universität, Abteilung für Psychotherapie, unter der Leitung von Dr. Christa Kohler in Deutschland ab Mitte der 1960er Jahre erprobt und schließlich in das damalige klinische Setting etabliert. Kohler ist es auch, die nach einem Besuch des Lindauer Kongresses im Jahr 1962 ihrem Leipziger Team und Frau Dr. Wilda-Kiesel, auf der Suche und dem Streben nach Förderung neuer Methoden für die therapeutische Behandlung, den Anstoß für die Entwicklung der entsprechenden Methode gibt. Frau Wilda-Kiesel arbeitet die mitgebrachten Informationen und Anregungen in der Folge entsprechend für sich auf und verknüpft diese mit ihrem bestehenden Wissen der Physiotherapie, weiterführender Literatur und immer in Wechselwirkung mit der Arbeit am Patienten. 1974 gründet sie zusammen mit 18 weiteren Fachphysiotherapeutinnen eine neue Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der Methoden der Kommunikativen Bewegungstherapie und der Konzentrativen Entspannung. Ein Lehrbuch zu diesem Thema veröffentlicht Wilda-Kiesel im Jahr 1987. 1975 wird die Arbeitsgruppe als Mitglied in die Ärztliche Gesellschaft für ärztliche Psychotherapie (GäP) aufgenommen und der Sektion Dynamisch Orientierte Gruppenpsychotherapie zugeordnet. Die Arbeitsgruppe beteiligt sich nachfolgend unter anderem aktiv an der Wissenschaftsarbeit der Sektion und präsentiert Theorie und Praxis der Kommunikativen Bewegungstherapie auch wiederholt auf Tagungen.
Neben ihrem Engagement auf dem Gebiet der Kommunikativen Bewegungstherapie ist Frau Dr. Wilda-Kiesel zwischen 1979 und 1996 auch als Lehrerin der Abteilung für Physiotherapie der Medizinischen Berufsfachschule der Karl-Marx-Universität Leipzig tätig. Ab dem Jahr 1991 übernimmt sie deren Leitung mit 140 Auszubildenden und 15 Lehrkräften. Nach dem Wegfall der Ausbildung zum Fachphysiotherapeuten für Psychische Erkrankungen um das Jahr 1989 setzt sich Frau Dr. Wilda-Kiesel ab Anfang der 1990er Jahre erfolgreich für die Entwicklung und Etablierung der Fortbildung zum Therapeuten für Kommunikative Bewegungstherapie ein, die bis heute besteht.
„Erst die Auseinandersetzung mit den Bedingungen des Lebens, die Fähigkeit zur Kooperation mit anderen und die Auseinandersetzung mit den Lebensbedingungen, sich zu entscheiden, anderen und sich selbst vertrauen, Mut, Risikobereitschaft und Kreativität sowie die Liebe zu sich selbst und zu anderen, bringen den Menschen voran, setzen ihn in Bewegung“
Wilda-Kiesel, A., Tögel, A., Wutzler, U. (2011). Kommunikative Bewegungstherapie. Brücke zwischen Psychotherapie und Körpertherapie. Bern: Hans Huber. (2. Auflage geplant für 2026)Porträt
1936 | geboren |
ab 1957 | Tätigkeit als Krankengymnastin in der Neurologisch-Psychiatrischen Klinik der Karl-Marx-Universität Leipzig |
1960 – 1979 | Tätigkeit in der Klinik für Psychotherapie an der Neurologisch-Psychiatrischen Klinik der Karl-Marx-Universität Leipzig |
1969 – 1973 | externes Studium an der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig (DHfK), Abschluss des Studiums zur Diplomsportlehrerin |
1971 – 1989 | Etablierung der einjährigen Fortbildung für Physiotherapeuten, zum Fachphysiotherapeuten für Psychische Erkrankungen sowie vorherige Entwicklung des Curriculums. Durch die Zusatzausbildung konnte eine andere finanzielle Einstufung für Physiotherapeuten erlangt werden. |
1971 | Verleihung der Berufsbezeichnung Fachphysiotherapeut für Psychische Erkrankungen |
ab 1971 | Mitwirkung an der Etablierung der Kommunikativen Bewegungstherapie in das Curriculum der Fortbildung der Dynamischen Gruppenpsychotherapie (unter der Leitung von Dr. Kurt Höck, ab 1974) für Psychologen und Ärzte |
1979 – 1996 | Lehrerin an der Medizinischen Berufsfachschule der Karl-Marx-Universität Leipzig in der Abteilung für Physiotherapie. Seit 1991 Leitung der Abteilung mit 15 Lehrern und 140 Schülern |
1986 | Veröffentlichung einer Monografie Wilda-Kiesels zur Kommunikativen Bewegungstherapie im Verlag Joh. Ambrosius Barth, Leipzig |
1986 – 1988 | Studium und außerplanmäßige Aspirantur an der Sektion Psychologie der Karl-Marx-Universität Leipzig. Thema der Promotionsarbeit: Die Kommunikative Bewegungstherapie |
ab 1993 – heute | Entwicklung und Etablierung der Fortbildung zum Therapeuten für Kommunikative Bewegungstherapie |
1994 – 2016 | Vorsitzende der Akademie für Kommunikative Bewegungstherapie und Leiterin der Fortbildung |
Heute | Ehrenvorsitzende der Akademie für kommunikative Bewegungstherapie e.V. |
Auswahl Publikationen bis 1989
Kohler, C., Kiesel, A. (1972). Bewegungstherapie bei funktionellen Störungen und Neurosen. Leipzig: Johann Ambrosius Barth.
Wilda-Kiesel, A. (1974). Lockerungs- und Enspannungsübungen. Schallplatte mit Beiheft Leipzig: Johann Ambrosius Barth (4 Auflagen bis 1988).
Wilda-Kiesel, A. (1982). Gymnastik für alle über vierzig. Schallplatte mit Beiheft, Leipzig: Johann Ambrosius Barth.
Wilda-Kiesel, A. (1982) Einige Aspekte zur methodischen Durchführung von Gruppenbewegungstherapie unter besonderer Berücksichtigung der Aufgaben des Physiotherapeuten als Gruppenleiter, In: Physiotherapie 34, S. 339-342.
Wilda-Kiesel, A. (1987). Kommunikative Bewegungstherapie. Leipzig: Johann Ambrosius Barth.
Wilda-Kiesel, A. (1988). Die allgemeine Definition der Kommunikativen Bewegungstherapie und ihre Zielstellung als Grundlage für die Modifikation der Aufgabenstellung in unterschiedlichen Therapiebereichen und Konzeptionen, Forschungsbericht. In: Berichte Psychotherapie und Neurosenforschung des Hauses der Gesundheit, Haus der Gesundheit, Berlin, S. 123-135.
Wilda-Kiesel, A. (1988). Buchbesprechung von: Kommunikative Bewegungstherapie. In: Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie, Bd. 40, S. 315.
Auswahl Publikationen ab 1989
Wilda-Kiesel, A. (1993). Die konzentrative Entspannung: eine Methode zur Förderung der Körperwahrnehmung und Entspannung. Reinbek: Lau-Ausbildungssysteme.
Wilda-Kiesel, A. (1999). Kompaktlehrbuch Physiotherapie […] Neurologie, Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin. [Autoren: Joachim Lössner …]. Elsevier, Urban und Fischer.
Wilda-Kiesel, A., Tögel, A., & Wutzler, U. (2011). Kommunikative Bewegungstherapie Brücke zwischen Psychotherapie und Körpertherapie (1. Aufl). Huber.
Quellen und Literatur
http://www.kommunikativebewegungstherapie.de/Seiten/Vereinsgeschichte.html (Letzter Abruf am 23.03.2023)
Geyer, M. (Ed.). (2011). Psychotherapie in Ostdeutschland: Geschichte und Geschichten 1945-1995. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Persönlicher Austausch mit Frau Dr. Wilda-Kiesel