Klinik für Psychiatrie Berlin Buch

Gründung und frühe Nutzung

1907 nimmt die „dritte Irrenanstalt“ Berlins den Betrieb auf. Ab 1928 dient ein Teil der Einrichtung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft als Hirnforschungsinstitut. Zwischen 1940 und 1945 werden Gehirne von „Euthanasieopfern“ zu Forschungszwecken verwendet. 1941 wird die Heil- und Pflegeanstalt aufgelöst und in das Hufelandkrankenhaus umgewandelt, das für somatisch Kranke genutzt wird.

Wiederaufnahme der psychiatrischen Behandlung

Erst 1952 werden wieder psychisch kranke Menschen behandelt. Das Hospital beherbergt die Klinik für Psychiatrie, eine psychiatrische Institutsambulanz (Haus 213) und die Klinik für Psychotherapie (Haus 212).

Seit 1977 werden im Haus 213 „ausschließlich forensisch-psychiatrische Patienten behandelt. Nachdem anfangs nur psychisch kranke Rechtsverletzer ‚ohne nennenswerte therapeutische oder rehabilitative Möglichkeiten mit besonderer Gemeingefährlichkeit‘ zur Aufnahme k[om]men, erfolgt[…] später die Erweiterung auf Einweisung aller forensisch-psychiatrisch zu betreuenden Patienten der Hauptstadt. Somit erfüllt diese Einrichtung die Funktion eines Krankenhauses, einer Pflegeeinrichtung sowie einer sozialtherapeutisch orientierten Erziehungs- und Besserungsanstalt.“ (BArch, BStU MfS HA_XX_AKG Nr. 1484, Bl. 42).

Die kontinuierliche Arbeit in der materiellen Produktion wird als wesentlicher Faktor in der Erziehung der Patienten genutzt. Gleichzeitig werden die Patienten durch den damit verbundenen Verdienst in die Lage versetzt, ihren finanziellen Verbindlichkeiten (auch Schulden, Unterhalte, Miete usw.) nachzukommen. Aus diesem Grunde bestehen seit 1963 vertragliche Vereinbarungen zwischen dem städtischen Klinikum Berlin-Buch (Rehabilitationswerkstätten) und dem VEB Leuchtenbau Berlin (im Kombinat Narva), die zum Aufbau von ‚geschützten Werkstätten‘ führten. Aber je nach Schwere der Krankheit wurden auch andere, außerhalb der industriellen Produktion liegende Arbeitsmöglichkeiten zum Einsatz gebracht, Jedoch liegen alle Werkräume innerhalb der Klinik, wodurch Ordnung und Sicherheit gefährdet werden können.

Zitat

Zustände und Überbelegung

Die Patientenzimmer sind mit 200 Prozent überbelegt. Ein Arzt betreut etwa 100 Patienten, nachts sowie an Sonn- und Feiertagen sind nur zwei Pfleger für Sicherheit und Ordnung zuständig. Die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal, und versprochene Sanierungen werden immer wieder verschoben (Abb. 1–4). Das Ministerium für Staatssicherheit bestätigt die menschenunwürdigen Bedingungen. Die enge Zusammenarbeit der Ärzte mit dem MfS besteht bis zum Ende der DDR.

Nach der Deutschen Einheit erfährt die Öffentlichkeit von den katastrophalen Zuständen.

Quellen

BArch, BStU MfS HA_XX_AKG Nr. 1484.

BArch, BStU MfS HA_IX_16338.

BArch, BStU MfS HA_VII_2768.

Pumb, Rosemarie: Ein Ort schweigt: die Geschichte der Krankenanstalten Berlin-Buch zwischen 1933 und 1968. Mediendesign Nadine Muth, Panketal, 2012.

Bildlegenden:

1: Dieser Aufenthaltsraum diente verschiedenen Zwecken. Er war Fernsehraum für eine Station mit 48 Patienten, Pausenraum der Rehawerkstatt sowie Besucherzimmer für zwei Stationen mit insgesamt 90 Patienten. Quelle: BArch, MfS ,BV Bln+AKG+32_19.tif, Bl. 134.

2: Bad der Station B (42 Patienten) zwei Jahre nach der letzten Renovierung (durch das überalterte Rohrleitungssystem befand sich das Bad schon kurze Zeit nach den Malerarbeiten in dargestelltem Zustand) Quelle: BArch, MfS, BV Bln+AKG+32_19.tif, Bl. 120.

3: Patientenzimmer auf der Station A Quelle: BArch, MfS, BV Bln+AKG+32_19.tif, Bl. 111.

4: Ein großer Teil der Einrichtungsgegenstände ist veraltet und in ähnlichem Zustand wie dargestellte Sitzmöbel. Quelle: BArch, MfS, BV Bln+AKG+32_19.tif, Bl. 125.

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