
Bezirksfachkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie Ueckermünde
Gründung und frühe Geschichte
1875 wird die „Provinzial-Irrenanstalt bei Ueckermünde“ eröffnet. Während der Zeit des Nationalsozialismus wird die Einrichtung – neben Meseritz-Obrawalde – zu einem zentralen Ort der sogenannten „Euthanasie“-Verbrechen in Pommern. Mehrere tausend Patientinnen und Patienten werden ermordet.

Nachkriegszeit und kein Neuanfang
Nach Kriegsende gelingt ein Neuanfang nicht. Die Zustände bleiben desolat, auch unter der Leitung von Wilhelm Bender. 1954 wird die Anstalt offiziell aufgelöst; die Gebäude werden von der Kasernierten Volkspolizei (KVP), der Vorläuferin der Nationalen Volksarmee, genutzt. In den folgenden Jahren existiert im gesamten Bezirk Neubrandenburg keine Einrichtung zur psychiatrischen Versorgung der Bevölkerung.
Wiedereröffnung und erste Herausforderungen
1959 wird das Bezirksfachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Ueckermünde wieder eröffnet. Der Bedarf ist enorm: Schon bald werden über 1.000 Menschen aufgenommen – etwa die Hälfte von ihnen sind Kinder und Jugendliche. Trotz des Engagements von Willi Schmitz, der die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung im ländlichen Raum verbessern möchte, bleiben die Verhältnisse unzureichend. Besonders Minderjährige, die als „nicht bildungsfähig“ gelten, werden nur untergebracht, ohne Förderung oder Therapie. Viele entwickeln schwere körperliche und seelische Folgeschäden – Hospitalismus ist die Folge.
Leitungswechsel und Reformen in den 1970er und 80er Jahren
1960 übernimmt Harri Joschko die Leitung des Krankenhauses. Er etabliert eine neurologische Abteilung, die 1971 zur eigenständigen Klinik ausgebaut wird. Sein Nachfolger Günter Haensch flieht 1978 in die Bundesrepublik. 1981 tritt Hans Eichhorn die Leitung an. Er sieht sich erneut katastrophalen Zuständen gegenüber und beginnt, die Klinik grundlegend zu verändern. Neue Chefärzte werden eingesetzt, eine Psychotherapiestation entsteht, Zwangsmaßnahmen werden weitgehend abgeschafft. Auch eine Klinik für Suchterkrankungen unter Erik Winter entsteht.
Erstmals werden Männer und Frauen gemeinsam untergebracht. Zudem wird eine sektorisierte psychiatrische Versorgung für den Bezirk vorbereitet. Ein Neubau für eine verbesserte psychiatrische Versorgung und Therapie entsteht.


Prekäre Bedingungen und Dokumentation
Für viele der untergebrachten geistig beeinträchtigten Menschen bleiben die Bedingungen weiterhin prekär. Sie werden verwahrt, Therapien fehlen fast vollständig. Fotografien aus dem Jahr 1982 dokumentieren die menschenunwürdigen Verhältnisse. Auch zehn Jahre später sind die Zustände noch problematisch, wie der Dokumentarfilm Die Hölle von Ueckermünde von Ernst Klee (1993) aufzeigt. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Einrichtung bereits in Trägerschaft der Diakonie.


Quellen
Haack, Kathleen: „Im Grunde gibt es … keine Chance zu Veränderungen zu kommen“. Zur Lage der Anstaltspsychiatrie in der DDR in den 1980er-Jahren – Das Beispiel Ueckermünde, in: Kumbier, Ekkehardt (Hg.): Psychiatrie in der DDR II Weitere Beiträge zur Geschichte, Berlin 2020, S. 377–392, online abrufbar unter: https://geschmed.med.uni-rostock.de/
https://www.ameos.eu/aktuelles/unternehmensblog/artikel/traditionsreicher-klinikstandort-jahre-psychiatrie-in-ueckermuende (Stand: 02.06.2025)
Bildlegenden:
1– 5: Historisches Archiv des AMEOS Klinikums Ueckermünde (HAUEM), unsortiert.