
Bezirksfachkrankenhaus
für Neurologie und Psychiatrie Rodewisch
Die ersten Jahrzehnte
1893 wird die „Königlich Sächsische Landes-, Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke zu Untergöltzsch“ eröffnet. In der Zeit des Nationalsozialismus werden Patientinnen und Patienten im Rahmen des „Euthanasie“-Komplexes getötet.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs werden Teile der Anstalt für Tuberkulosekranke, Flüchtlinge sowie die Sowjetische Armee genutzt. 1947 wird die Einrichtung in „Krankenanstalt Rodewisch“ umbenannt. Die Anzahl der psychisch kranken Menschen steigt zehn Jahre nach Kriegsende auf 1507.

Modernisierung unter Rolf Walther
Ab 1956 erfolgt eine Modernisierung der Klinik unter dem ärztlichen Direktor Rolf Walther. Er führt offene Stationen ein, entfernt Gitter an den Fenstern (Abb. 1) und setzt gruppentherapeutische Ansätze um. Im gleichen Jahr entsteht eine Poliklinik für Nachsorge sowie eine neurologische Fachabteilung. Das Ziel, eine moderne psychiatrische Klinik mit internationalen Standards zu werden, zeigt sich 1963, beispielsweise durch ein internationales Symposium zur psychiatrischen Rehabilitation. Das 1956 ausgegebene Ziel der Entwicklung einer modernen psychiatrischen Klinik, die in der Lage ist, sämtliche international zum Standard gewordenen therapeutischen Maßnahmen anzuwenden, zeigt sich eindrucksvoll 1963. Die Ausrichtung des „Internationalen Symposiums über psychiatrische Rehabilitation“ unterstreicht die ambitionierten Pläne. Im Mittelpunkt steht die Rehabilitation psychisch akut und chronisch Kranker. Verbesserungen soll auch die Einrichtung einer psychotherapeutischen Abteilung bewirken.



Ausbau der therapeutischen Angebote
Nach dem Vorbild von Uchtspringe errichtet, wird die psychotherapeutische Abteilung 1977 eröffnet. Die Nachfolger Walthers, Helmuth Heinroth (1936–2013) und Tilo Degenhardt (*1940), sind bemüht, die immer noch vorhandenen großen Bettensäle umzubauen und eine zeitgemäße Behandlung der psychisch Kranken nach Krankheitsbildern durchzusetzen, eine Tagesklinik entsteht (Abb. 2–3). In den 1980er Jahren werden Abteilungen verkleinert. Eine Suchtstation entsteht. Doch die desolate materielle Wirklichkeit in der DDR trifft die stationär-psychiatrische Versorgung im besonderen Maß. Werterhaltungsmaßnahmen sind allenfalls mit Eigeninitiativen möglich, Investitionen gibt es kaum noch. Wie an den meisten großen psychiatrischen Krankenhäusern in der DDR gelingt es nicht, die Fehlbelegungen der chronifizierten Langzeitpatientinnen und -patienten in komplementäre Einrichtungen zu realisieren. Durch Personalmangel müssen Stationen geschlossen, ohne Nachtwache geführt und soziotherapeutische Programme zurückgenommen werden.

„Wende“ und Umbesetzung
Nach der „Wende“ übernimmt der Freistaat Sachsen die Klinik, die in „Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie“ umbenannt wird. Mitarbeitende werden überprüft, einige versetzt oder entlassen. Neue Führungskräfte müssen gestellt werden. Viele Mitarbeitende verlassen die DDR, und ihre Stellen müssen neu besetzt werden. Die Klinik wird saniert.
Quellen
Rank, Maria; Eisenschmidt, Kerstin: Die Geschichte der gelben Häuser. 125 Jahre Sächsisches Krankenhaus Rodewisch, Rodewisch 2018
Bildlegenden:
1: Internrer Bericht über die Erfolge in der Rodewischer Einrichtung anlässlich ihres 85-jährigen Bestehens, Quelle: Historisches Archiv des Sächsischen Krankenhauses Rodwisch, unsort.
2: Gäste im Handarbeitszimmer der Station B 7, Quelle: Historisches Archiv des Sächsischen Krankenhauses Rodwisch, unsort.
3: Tagesklinik. Quelle: Rank, Maria; Eisenschmidt, Kerstin: Die Geschichte der gelben Häuser. 125 Jahre Sächsisches Krankenhaus Rodewisch, Rodewisch 2018, S. 153.
4: Ballspielen im Garten der Tagesklinik. Quelle: Rank, Maria; Eisenschmidt, Kerstin: Die Geschichte der gelben Häuser. 125 Jahre Sächsisches Krankenhaus Rodewisch, Rodewisch 2018, S. 154.