Akademie der Wissenschaften der DDR:
Zentralinstitut für Herz-Kreislaufforschung

Arbeitsgruppe für Klinische Psychologie des Zentralinstituts für Herz-Kreislaufforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR

Die Arbeitsgruppe für Klinische Psychologie wird 1958 als Teil des Zentralinstituts für Herz-Kreislaufforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR gegründet. Sie ist insbesondere für die Psychotherapie der Institutspatienten zuständig, die hier mit Autogenem Training, Hypnose und individuellen psychologischen Gesprächen behandelt werden. Forschungsschwerpunkte der Arbeitsgruppe sind unter anderem die Psychodiagnostik bei psychosomatischen Krankheitsbildern, die suggestive Beeinflussung kardio-vaskulärer Erkrankungen und die Entwicklung soziodynamischer Psychometriemethoden.

Therapeutische Strömungen und Behandlungssetting

Im Laufe der deutschen Geschichte im 18., 19. und 20. Jahrhundert erlebt die Akademie zahlreiche Umstrukturierungen und Umbenennungen. So trägt sie etwa ab 1743 den Namen „Académie Royale des Sciences et Belles Lettres“ und veröffentlicht ab 1745 ihre Arbeiten nur noch in französischer Sprache, um die Ausrichtung der Akademie auf den Geist der französischen Aufklärung zu markieren. Erst ab 1788 erscheinen dann zuerst vereinzelt und ab 1804 regelmäßig auch deutschsprachige Publikationen der Akademie, die ab 1812 den Namen „Königliche Akademie der Wissenschaften“ trägt. 1838 wird die Akademie erneut umbenannt in „Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin“.

Die Anfänge der Akademie der Wissenschaften der DDR gehen zurück auf die „Kurfürstlich-Brandenburgische Sozietät der Wissenschaften“, die im Jahr 1700 unter ihrem ersten Präsidenten Gottfried Wilhelm Leibniz gegründet wird. Leibniz ist einer der führenden geistigen Vertreter der Aufklärung und ruft die Akademie zunächst als eine staatliche Einrichtung ins Leben, die der Förderung der Wissenschaften dienen soll. Vorrangiges Ziel ist ihm dabei die Schaffung einer Verbindung zwischen Theorie und Praxis, um die Wissenschaft auf einen gesellschaftlichen Nutzen auszurichten und dadurch unter anderem „die Nahrungsmittel zu verbessern“. Die Publikationen der Akademie erscheinen zunächst ausschließlich in lateinischer Sprache.

In den Jahren des deutschen Nationalsozialismus erlebt die Akademie viel staatliche Einflussnahme, die zum Ausscheiden jüdischer Mitglieder und Mitarbeitender sowie zur politischen Beeinflussung der Wahlen der Akademiemitglieder und ihrer Vorsitzenden führt. Zudem wird die deutsch-internationale Wissenschaftskommunikation mit Beginn des Zweiten Weltkriegs nahezu vollständig abgebrochen und die Arbeit der Akademie in die nationalsozialistische Wissenschaftspolitik eingegliedert, um die gesammelten Forschungsergebnisse für faschistische Ideologien und Ziele zu nutzen. In vielen an die Akademie angeschlossenen Instituten kommt die Arbeit während der Kriegsjahre schließlich komplett zum Erliegen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird die Akademie am 01. Juli 1946 von der sowjetischen Militäradministration als „Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin“ wiedereröffnet, vielfältig umstrukturiert und weiterentwickelt. Neben der „Entnazifizierung“ der Akademiemitglieder und ihrer Vorsitzenden erfolgt die Angliederung zahlreicher neuer Institute, die weitere interne Aufgliederung der einzelnen wissenschaftlichen Klassen sowie eine Erhöhung der Anzahl der Mitglieder und der Mitarbeitenden, was das Forschungspotenzial der Akademie enorm erhöht. Die Akademie ist zunächst dem Berliner Magistrat, später der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen Besatzungszone und ab 1954 dem Ministerrat der DDR und damit der Sozialistischen Einheitspartei (SED) direkt unterstellt. In diesem Zuge, teils allerdings auch schon in den Vorjahren, kommt es wiederholt zu Austritten westdeutscher Mitglieder, welche vorrangig durch Wissenschaftler aus der DDR – in zunehmendem Maße vor allem nach politischen Kriterien ausgewählt – ersetzt werden.

Erst im Jahr 1972 erfolgt als Abgrenzung von der Bundesrepublik Deutschland die Umbenennung der Akademie in „Akademie der Wissenschaften der DDR“. Durch den anhaltenden Ausbau des Forschungspotenzials bildet sie fortan die wichtigste außeruniversitäre Forschungseinrichtung der DDR, die 1989 etwa 400 Mitglieder und rund 24.000 Mitarbeitende umfasst. Einerseits dient sie nun als Trägerorganisation für etwa 60 Forschungsinstitute aus natur- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen, die sowohl in der Grundlagen- als auch in der Anwendungsforschung tätig ist. Zum anderen erhält sie nun das Antlitz einer Gelehrtengesellschaft – die Verleihung einer Mitgliedschaft stellt in der Folge eine wissenschaftliche Anerkennung dar. Neben Mitgliedschaften als ordentliches, auswärtiges oder korrespondierendes Mitglied wurden zudem jährliche Auszeichnungen wie die Helmholtz-Medaille (ab 1891) oder die Leibniz-Medaille (ab 1906) verliehen, um herausragende wissenschaftliche Leistungen einzelner Akademiemitglieder zu würdigen.

Nach dem Mauerfall wird in den Jahren 1990/91 eine Umstrukturierung eingeleitet, bei der nach einer vorausgehenden Evaluation sechs Institute vollständig aufgelöst, etwa ein Drittel der Institute unter einem neuen Rechtsträger weitergeführt und die restlichen Institute an westdeutsche Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft, die Deutsche Forschungsgesellschaft oder das Fraunhofer Institut sowie an Hochschulen und Universitäten angegliedert werden. Ab 1992 gilt die Akademie der Wissenschaften der DDR als aufgelöst. Eine Nachfolgeorganisation bildet ab 1992 die neu gegründete Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.

Die Arbeitsgruppe für Klinische Psychologie der Akademie wird 1958 geformt und ist Teil des im Jahr 1956 gegründeten Instituts für kortiko-viszerale Pathologie und Therapie. Das Institut geht aus einer Forschungsabteilung für Schlaftherapie hervor und ist zusammen mit der Arbeitsgruppe für klinische Psychologie an die damalige Klinik für Schlaftherapie am Städtischen Klinikum Berlin-Buch angegliedert. Im Jahr 1972 entsteht im Rahmen einer erneuten Umstrukturierung aus dem Institut für kortiko-viszerale Pathologie und Therapie sowie dem Institut für Kreislaufforschung das Zentralinstitut für Herz- und Kreislaufregulationsforschung, das 1980 in „Zentralinstitut für Herz-Kreislaufforschung“ umbenannt wird.

Die Arbeitsgruppe für klinische Psychologie selbst wird vom Institutsleiter Rudolf Baumann gegründet und unter der Mitarbeit von Alfred Katzenstein geleitet. Mit 30 Betten ist sie für die Psychotherapie von etwa 180 Patienten pro Jahr, im stationären und ambulanten Setting des zugehörigen Instituts, zuständig. Hierzu werden psychologische Testmethoden wie der Rohrschach-Test ausgearbeitet, um insbesondere Hypertoniker (d.h. Menschen, die an Bluthochdruck erkrankt sind) mit psychotherapeutischen Methoden zu behandeln. Es kommen unter anderem Autogenes Training, Hypnose und individuelle psychologische Gespräche zum Einsatz. Zudem werden in Verbindung mit der angeschlossenen schlaftherapeutischen Klinik unter einer streng umrissenen Indikation Schlaftherapie zur Beeinflussung gestörter Regulationsprozesse (z.B. Störungen des Blutdrucks oder des Stoffwechsels) durchgeführt.

Die Forschung am Zentralinstitut für Herz-Kreislaufforschung ist vordergründig stark von den Theorien Pawlows geprägt und widmete sich insbesondere der Rolle des zentralen Nervensystems bei der Regulation von Bluthochdruck, Stress, neuroendokrinen Dysregulationen und psychosomatisch bedingten Erkrankungen. Im Zentrum der Forschung der Arbeitsgruppe für Klinische Psychologie steht die Psychodiagnostik bei psychosomatischen Krankheitsbildern. Um der Forschungsfrage einer möglichen suggestiven Beeinflussung kardio-vaskulärer Erkrankungen nachzugehen, werden zudem Untersuchungen zu möglichen krankheitsspezifischen Persönlichkeits- und Erlebniseigenarten bei Hypertonikern durchgeführt. Dazu werden unter anderem Unterschiede in der individuellen Reaktionsweise bei der Ersthypnose analysiert, die mit Messmethoden wie EEG, EKG und Pulsregistrierung erhoben werden. Weitere Forschungsschwerpunkte beziehen sich auf Effektivität, Rehabilitation, soziometrisches Training und die Entwicklung soziodynamisch orientierter Psychometriemethoden.

Weitere Stichpunkte:

  • wichtigste außeruniversitäre Forschungseinrichtung der DDR
  • Gelehrtengesellschaft (d.h. Verleihung der Mitgliedschaft als wissenschaftliche Anerkennung) und zugleich Trägerorganisation für rund 60 Forschungsinstitute aus allen natur- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen; Grundlagen- sowie Anwendungsforschung
  • 1989: 400 Mitglieder, 24.000 Mitarbeitende
  • Nach dem Mauerfall (1990-1991): 6 von 60 Instituten vollständig aufgelöst, ca. 1/3 unter neuem Rechtsträger, Rest angegliedert an existierende westdeutsche Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft, Deutsche Forschungsgesellschaft oder Fraunhofer Institut sowie an Hochschulen und Universitäten
  • Ab 01. Januar 1992 wird Akademie dann als aufgelöst betrachtet
  • Nachfolgerorganisation ab 1992: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

Quellen und Literatur

Abu Zahra, C. (2015). Die ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung in der DDR am Beispiel der Hauptstadt Ostberlin: Auswirkungen der Psychiatriereform der 1960er Jahre (Doctoral dissertation).

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Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. (1961). Jahrbuch der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1960. Akademie-Verlag GmbH, Berlin.

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