Dr. phil. Lothar Rohland

Dr. phil. Lothar Rohland

SED-Parteisekretär und Gesellschaftswissenschaftler, Gesundheitspolitiker

SED-Parteisoldat kontrolliert den medizinischen Wissenschaftsbetrieb

Lothar Rohland war als Direktor des Generalsekretariats der medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften beim DDR-Ministerium für Gesundheitswesen eine Schlüsselfigur der SED. Er setzte die Parteilinie im medizinischen Wissenschaftsbetrieb durch und überwachte alle internationalen Kontakte. Mitgliedschaften in westdeutschen Fachgesellschaften mussten aufgegeben werden, Kongressreisen und Publikationen im Westen waren nur mit seiner Genehmigung möglich.

Das Ministerium für Staatssicherheit arbeitete eng mit Rohland zusammen. Über ihn kontrollierte es die Besetzung von Vorständen und Kommissionen, bestimmte über Auslandsreisen und überwachte Ärzte, die politisch auffällig geworden waren. Rohland begleitete selbst Delegationen und spielte eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung sowjetischer Interessen im Konflikt um den Missbrauch der Psychiatrie.

Er verkörperte den unbeirrbaren „Parteisoldaten“, durch den Partei und MfS direkten Zugriff auf den medizinisch-wissenschaftlichen Betrieb der DDR erhielten.

„In Durchsetzung staatlicher Beschlüsse hat er mit großem Erfolg 1968 die Registrierung der DDR-Gesellschaften und Maßnahmen gegen die Alleinvertretungsanmaßung Bonns geleitet, die zur weiteren Festigung des Staatsbewusstseins der Mitglieder der DDR-Gesellschaften führten.“

Max Sefrin, 1969

Porträt


192922. Dezember geboren in Leipzig, nach frühem Tod der alleinstehenden Mutter aufgewachsen in Pflegefamilie in Leipzig, evangelisch
1944 – 1945Ausbildung zum Maschinenschlosser Pittler AG Leipzig
1945 – 1948Tischlerlehre
1946Ortsvorstand Gewerkschaft IG Holz
1947 Mitglied SED, Funktionen im Parteiapparat
1948 – 1950Abitur an Vorstudienanstalt Leipzig
1950 – 1953TU Dresden, Fakultät für Bauwesen
1953 – 1954hauptamtlicher Parteisekretär TU Dresden
1954 – 1958hauptamtlicher Parteisekretär Medizinische Fakultät, Karl-Marx-Universität Leipzig (KMU)
1958 – 1961Studium Parteihochschule „Karl Marx“ des ZK der SED, Abschluss als Diplom-Gesellschaftswissenschaftler
1961 – 1969Sektorenleiter im Gesundheitsministerium (MfGe), Bereich medizinisch-wissenschaftliche Gesellschaften          
Zentrale SED-Parteileitung des MfGe
1969Dissertation zum Dr. phil. (Gutachter Ludwig Mecklinger, Kurt Winter): Die Entwicklung nationaler medizinisch-wissenschaftlicher Gesellschaften – Ein Beitrag zur Stärkung der sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik
1969 – 1989Direktor des Generalsekretariats der medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften beim Minsterium für Gesundheitswesen

Dokument aus dem Jahr 1979, das die Einflussnahme des Generalsekretariats auf die medizinischen Fachgesellschaften verdeutlicht. Verantwortlich dafür war Lothar Rohland (BArch, DQ 101/533b / Erices)

Auswahl Publikationen

Rohland, L. (1969). Die Entwicklung nationaler medizinisch-wissenschaftlicher Gesellschaften—Ein Beitrag zur Stärkung der sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik. Humboldt-Universität.

Rohland, L., & Spaar, H. (1973). Die medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften der DDR: Geschichte, Funktion und Aufgaben. Volk und Gesundheit.

Fischer, E., Rohland, L., & Tutzke, D. (1979). Für das Wohl des Menschen: Bd. 1+2. Volk und Gesundheit.

Matthes, T., Rohland, L., & Spaar, H. (1981). Die medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften der DDR: Geschichte—Funktion—Aufgaben. Volk und Gesundheit.

Ewert, G., & Rohland, L. (1997). Zur gegenwärtigen Gesundheitspolitik: Vorträge und Informationsmaterialien. Trafo-Verlag, Weist.

Mecklinger, L. (1998). Zur Umsetzung der Gesundheitspolitik im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR (G. Ewert & L. Rohland, Hrsg.). Eigenverlag.

Quellen und Literatur

BArch, DQ 1/5654.

BArch, DQ 1/10023.

BArch, DQ 101/533 b.

BArch, DY 34/28890.

BArch, MfS, ZA AP 40728/92.

Erices, R. (2022). Das DDR-Gesundheitswesen im Kontext der SED-Herrschaft in den 1980er Jahren. In B. Strauß, R. Erices, S. Guski-Leinwand, & E. Kumbier (Hrsg.), Seelenarbeit im Sozialismus—Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie in der DDR. Psychosozial-Verlag.

Erices, R. (2020). Der Missbrauch der Psychiatrie in der Sowjetunion und die Reaktionen der DDR. In E. Kumbier (Hrsg.), Psychiatrie in der DDR II. Weitere Beiträge zur Geschichte (Bd. 27, S. 73–94). be.bra.

Süß, S. (1998). Politisch missbraucht? Psychiatrie und Staatssicherheit in der DDR. Ch. Links Verlag.

 

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