Nervenklinik Hochweitzschen

Gründung, Krieg und Nachkriegszeit

1874 wird die Irrenheilanstalt Hochweitzschen eröffnet, um überbelegte Einrichtungen wie die Heilanstalt Sonnenstein bei Pirna zu entlasten. Zwischenzeitlich spezialisiert sich die Klinik auf die Behandlung von epilepsiekranken Patientinnen und Patienten, gibt dieses Konzept jedoch 1930 wieder auf. Während der Zeit des Nationalsozialismuswerdenmehrere tausend psychisch kranke Menschen ermordet oder deportiert. Ab 1943 wird die Einrichtung nicht mehr für psychiatrische Zwecke genutzt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzt nur langsam eine Rückkehr zur regulären Versorgung ein. 1949 sind bereits wieder über 700 psychisch kranke Menschen in Hochweitzschen untergebracht.

Veränderungen

1956 wird die erste kinderpsychiatrische Abteilung des staatlichen Gesundheitswesens im Bezirk Leipzig eröffnet – mit zwei Stationen für schwer geistig beeinträchtigte Kinder. Die Arbeitstherapie gewinnt zunehmend an Bedeutung. Anlässlich des VI. Parteitags der SED 1963 wird das Engagement des ärztlichen Direktors E. Karch ideologisch vereinnahmt. Der akute Ärztemangel verhindert eine flächendeckende medizinische Versorgung.

Erweiterungen und Spezialisierungen

1965 übernimmt Wilhelm Poppe die Leitung der Klinik. Eine eigenständige neurologische Abteilung mit 70 Betten – davon 30 an Multipler Sklerose Leidende – wird eingerichtet. Das therapeutische Angebot wird durch Ergotherapie und weitere Maßnahmen erweitert. 1966, anlässlich des 20. Jahrestages der Gründung der SED, wird die Einrichtung in „Nervenklinik Hochweitzschen – Döbeln“ umbenannt. Eine Beobachtungsstation für verhaltensgestörte Kinder wird eingerichtet. 1970 wird das „Krankenhaus für Psychiatrie“ in Waldheim als „Abteilung Waldheim“ in die Klinik eingegliedert. Im selben Jahr entsteht eine spezialisierte Station für Suchtkranke, 1972 folgt eine kinderpsychiatrische Tagesstation.

1979 wird die erste psychiatrische Tagesklinik für ältere Bürger in der DDR wird in Hochweitzschen eingerichtet. Durch bauliche Maßnahmen wird versucht, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern: Bettensäle werden verkleinert, Aufenthaltsräume wohnlicher gestaltet – mit Schrankwänden, Sitzgruppen und Fernsehgeräten. Dennoch verhindern Personalmangel, marode Bausubstanz und Investitionsstau eine zeitgemäße psychiatrische Versorgung.

Nach der „Wende“

1990 tritt der ärztliche Direktor Wilhelm Poppe nach Vorwürfen im Zusammenhang mit der „Abteilung Waldheim“ zurück. In den folgenden Jahren wird die Klinik deutlich verkleinert.

Quellen

Lehle, Rudolf Wilhelm: Die Geschichte des Krankenhauses Hochweitzschen in Mittelsachsen 1874 bis 2002, Großweitzschen, 2002.

Süß, Sonja: Politisch mißbraucht? Psychiatrie und Staatssicherheit in der DDR, Berlin 19982.

Bildlegenden:
1: Bericht über den Einsatz von 25 Arbeitskräften aus der psychiatrischen Anstalt Hochweitzschen unter der Überschrift „Taten zu Ehren des VI. Parteitags der SED“, Quelle: Neue Zeit vom 05.01.1963.

2: Bericht über die Einrichtung Beobachtungsstation für verhaltensgestörte Kinder in Hochweitzschen, Quelle: Neue Zeit vom 12.04.1970.

3: Bericht über die erste Tagesklinik der DDR für ältere Bürger in Hochweitzschen, Quelle: Neue Zeit vom 09.04.1979.

4: Isolierzelle zur Bestrafung. Hier wurden Insassen tagelang eingesperrt. Quelle: BArch, Bild 183-1990-0615-020

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