
Fachkrankenhaus
für Neurologie und Psychiatrie
Berlin-Lichtenberg (Herzberge)
1893 eröffnet die zweite städtische „Irrenanstalt“ in Berlin. Eine eigene Landwirtschaft dient der Aktivierung der Patienten und hilft bei der Finanzierung der Einrichtung. Zwischen 1939 und 1942 werden etwa 2000 Menschen im Rahmen der „Euthanasie“-Aktion ermordet. Der ärztliche Direktor Karl Balthasar arbeitet eng mit dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung zusammen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach der Besetzung durch sowjetische Truppen übernimmt Lothar Ziegelroth zwischen 1949 und 1958 die Leitung der Anstalt. Bereits 1956 entsteht eine zweite psychiatrische Abteilung unter Franz Irro, außerdem wird der Aufbau einer Kinderpsychiatrie in Auftrag gegeben.
Entwicklung der Kinderpsychiatrie
1958 wird Irene Blumenthal Chefärztin der eigenständigen Kinderpsychiatrie. Sie initiiert die Einrichtung von zwei Tagesstationen für Kinder und Jugendliche, bei denen die Eltern aktiv in die Behandlung eingebunden werden (Abb. 1).

Fokus auf Rehabilitation und Forschung
1966 übernimmt Peter Hagemann die Leitung des Fachkrankenhauses. Der Schwerpunkt liegt auf Arbeitstherapie und Rehabilitation (Abb. 2–4). Zwischen 1971 und 1973 entsteht eine Klinik für Rehabilitation, die chronische Langzeitpatienten wieder in die Gesellschaft eingliedert. Das Haus wird in das Forschungsprojekt „Psychonervale Störungen“ unter Federführung von Klaus Weise (Leipzig) eingebunden, um die psychiatrische Versorgung zu verbessern. Ziel ist die „Entwicklung von Modellen zur Verbesserung von Struktur und Funktion der territorialen und betrieblichen Versorgung unter besonderer Berücksichtigung der halbklinischen und ambulanten Betreuung“.


Probleme durch autoritäre Strukturen
Trotz Teilerfolgen behindert Mangelwirtschaft und das autoritäre System die langfristige Therapiefähigkeit. Die enge Zusammenarbeit mit dem MfS führt zu häufig unrechtmäßigen Einweisungen und Ausgangsbeschränkungen, auch bei öffentlichen Anlässen. Mitarbeitende arbeiten eng mit dem MfS zusammen, unter ihnen die ärztlichen Direktoren Herbert Richter und Klaus Bach sowie Peter Hagemann. Man geht davon aus, dass es innerhalb des Hauses eine eigene Abteilung der Stasi gab.
1992 fusioniert das Fachkrankenhaus und wird Teil des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge (KEH).

Quellen
https://digital.zlb.de/viewer/fulltext/15672646_2018_48/
https://www.keh-berlin.de/fileadmin/Dateien/Downloads/%C3%9Cber_uns/KEH-Historie_Flyer_2018.pdf
https://www.aerzteblatt.de/archiv/171155/Schicksal-einer-Anstalt-Historischer-Dreisprung
Herbert, Loos; Herzberge: die Geschichte des psychiatrischen Krankenhauses Berlin-Herzberge von 1893 bis 1993. be.bra, Berlin 2014.
Bildlegenden:
1: Zeitungsartikel „Viele sorgen sich um das Wohl der kleinen Patienten“ (1976). Quelle: Neues Deutschland 29.07.1976.
2: Betriebs Festspiele im Krankenhaus (1960er Jahre). Quelle: KEH Historisches Archiv Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge.
3: Hinweisschilder im Fachkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie Berlin-Lichtenberg (1978). Quelle: KEH Historisches Archiv Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge.
4: Hol- und Bringedienst (1980). Dieselkarre DK2004. Quelle: KEH Historisches Archiv Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge.