Klinik für Psychiatrie – Bezirkskrankenhaus Stralsund-West

Eröffnung und NS-Zeit

Die Pommersche Provinz-Heilanstalt wird 1912 eröffnet und versorgt etwa 1000 Patienten. Arbeitstherapie und offene Fürsorge spielen bei der Behandlung eine wichtige Rolle. 1939 wird die Anstalt geschlossen. Während des Nationalsozialismus werden 1.200 Menschen abtransportiert und größtenteils getötet.

Wiedereröffnung und Neustrukturierung

1953 erfolgt die Wiedereröffnung der Klinik als psychiatrische Einrichtung. Unter Hans Leidenberg wird sie ab 1958 neu strukturiert. Es entstehen eine Schule, Werkstätten für junge psychiatrische Patientinnen und Patienten sowie klinische und Gerichtspsychiatrie. Ziel ist es, die Klinik medizinisch stärker auszurichten und Pflegefälle zu reduzieren. Zudem fusioniert die Einrichtung 1959 mit dem Krankenhaus Am Sund und der Poliklinik am Frankenwall. Neuer Direktor wird Friedrich-Rudolf Groß. Größtes Problem ist die permanente Überbelegung, da die Stralsunder Einrichtung psychisch Kranke aus den Bezirken Rostock, Neubrandenburg und Schwerin versorgen muss.

Leitung und Ausbau

Ab 1966 übernimmt Horst Giermann die Leitung der Klinik. 1974 wird Ulrich Müller Chefarzt der Kinderpsychiatrie (Abb. 1). Die Bettenkapazität wächst in den 1970er Jahren. Ein Patientenmerkblatt zur Verbesserung des Arzt-Schwestern-Patient-Verhältnisses, spezialisierte Ambulanzen, eine Suizidsprechstunde sowie Ehe- und Sexualberatung werden eingeführt. Eine Tagesklinik mit 25 Plätzen entsteht.

Herausforderungen
und politische Einflussnahme

Stralsund gehört zu den wenigen psychiatrischen Einrichtungen in der DDR, die keine Psychotherapie anbieten. Der Leiter, Horst Giermann, unterhält enge Kontakte zur Stasi und wirkt an der gesellschaftlichen Kontrolle der Patientinnen und Patienten mit. Beurlaubungen und stationäre Einweisungen sind eingeschränkt.

Personalmangel und marode Bausubstanz (Abb. 2) sind dauerhafte Probleme. In den 1980er Jahren betreuen nur drei Ärzte durchschnittlich 248 Patientinnen und Patienten. Auch im pflegerischen Bereich ist die Situation angespannt.

Haus 6 des BKH Stralsund-West, Quelle: Jan Armbruster.
Haus 6 des BKH Stralsund-West, Quelle: Jan Armbruster.

Entwicklung nach der Wiedervereinigung

Nach 1990 erfolgt eine umfangreiche Sanierung der Gebäude und eine Erweiterung des Klinikgeländes. Ab 2012 übernimmt die Helios Kliniken GmbH das Krankenhaus.

Quellen

Armbruster, Jan: Wiedereröffnung der Psychiatrischen Klinik 1953 und die Entwicklung als Bezirkskrankenhaus in der DDR, in: Armbruster, Jan; Freyberger, Harald J.: Verwahrung, Vernichtung, Therapie: Zum 100-jährigen Bestehen der stationären Psychiatrie auf dem Gelände des Krankenhauses West in Stralsund. Kovač, Hamburg 2012, S. 141–173.

Bildlegenden:

1: Rohbau der Kinderpsychiatrie in Stralsund 1984, Quelle: Jan Armbruster.

2: Haus 6 des BKH Stralsund-West, Quelle: Jan Armbruster.

 

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