Bezirksnervenklinik Uchtspringe

Eröffnung und frühe Geschichte

1884 wird die Landes- Heil- und Pflege-Anstalt Uchtspringe in der Provinz Sachsen eröffnet (Abb. 1). Erster Direktor ist Konrad Alt. Die Arbeitstherapie stellt eine der wichtigsten therapeutischen Maßnahmen zur Behandlung psychischer Erkrankungen dar. Diese Tradition bewahrt die Einrichtung.

Herausforderungen in der NS-Zeit

1933 muss Direktor Heinrich Bernhard aufgrund seines jüdischen Glaubens die Anstalt verlassen. Er stirbt 1945 in einem Außenlager des KZ Mauthausen. Sein Nachfolger Hermann Nobbe verlässt die Anstalt 1937. Er ist nicht bereit, die auf Aussonderung der Psychiatriepatienten ausgerichtete NS-Gesundheitspolitik mitzutragen. Während des Zweiten Weltkriegs beteiligen sich die Mitarbeiter aktiv an der Ermordung von Psychiatriepatienten im Rahmen des „Euthanasie“-Komplexes.

Bezirksnervenklinik Uchtspringe
Postkarte der Psychiatrischen Klinik Uchtspringe (1950). Quelle: privat.

Nachkriegszeit und Neuausrichtung

1945 übernimmt Hermann Nobbe erneut die Leitung. In seinem programmatischen Aufsatz „Über eine Erweiterung der Aufgaben der Landesheilanstalten“ plädiert er dafür, die Anstalten in die wissenschaftliche Forschung einzubinden und engagiert sich für die Heilerziehung geistig behinderter Kinder. Sein Nachfolger wird 1961 Harro Wendt richtet die erste psychotherapeutische Abteilung in einer psychiatrischen Klinik in der DDR ein. Zudem führte er die Milieutherapie, die Stufentherapie, das System der offenen Türen und aktive klinische Behandlungsmethoden als Teile einer modernen allseitigen psychiatrischen Behandlung ein. Aufgrund des guten Rufs hospitieren zahlreiche Ärzte und Psychologen an der Uchtspringer Einrichtung und erlernen Methoden der Psychotherapie. Etwa 450 Kinder und Jugendliche werden in Uchtspringe behandelt und beschult. Für deren Belange setzen sich Rose-Marie Kummer und Gertraude Tuchscheerer (1928–2005) ein. Hier wird die erste Spezialeinrichtung für geistig behinderte und gehörlose Kinder in der DDR eingerichtet. Auch eine psychotherapeutische Station zur Behandlung „neurotischer Kinder und Jugendlicher“ wird 1968 eröffnet. Die Eltern werden zur Mitarbeit animiert. Es entsteht der vielbeachtete „Spieltherapiekatalog“ (Abb. 2).

Spielkatalog
Titelblatt des Spieltherapiekatalog von Wendt, Kummer und Tuchscheerer, Leipzig 1981. Quelle: privat.

Ausbau und Spezialisierung

Unter dem Direktorat von Gottfried Tuchscheerer wird eine Suchtstation implementiert. 1990 verfügt das Bezirksfachkrankenhaus über 1380 Betten auf 40 Stationen. Zudem gibt es eine Ambulanz. Zwei Außenstationen mit insgesamt 45 Betten in Volgfelde (Männer) und Mieste (Frauen) werden 1990 geschlossen.

Quellen

Troelenberg, Heinz: Die Entwicklung des Bezirkskrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie Uchtspringe: Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Psychiatrie des 20. Jahrhunderts, Med. Diss., Karl-Marx-Universität, Leipzig 1970.

Bildlegenden:

1: Postkarte der Psychiatrischen Klinik Uchtspringe (1950). Quelle: privat.

2: Nobbe, Hermann: Über eine Erweiterung der Aufgaben der Landesheilanstalten, in: Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie 3 (1), 1951, S. 25–28, hier S. 25.

3: Titelblatt des Spieltherapiekatalog von Wendt, Kummer und Tuchscheerer, Leipzig 1981. Quelle: privat.

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