Prof. Dr. med. habil. Kurt Winter

Prof. Dr. med. habil. Kurt Winter (1910–1987)

Arzt, Sozialhygieniker, Gesundheitspolitiker, Zeitschriftenherausgeber

Arzt, Gesundheitspolitiker und Kommunist

Kurt Winter war einer der einflussreichsten Ärzte und Gesundheitspolitiker in der DDR. Frühzeitig in der NS-Zeit aus Deutschland emigriert lernte er im spanischen Bürgerkrieg und in der Emigration in Schweden spätere kommunistische Mitstreiter kennen. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs übernahm er verschiedene Leitungspositionen in den neuen für das Gesundheitswesen zuständigen Gremien – zunächst des Landes Brandenburg und dann an zentraler Stelle in Ostberlin. Er galt als Förderer des neuen ambulanten Gesundheitswesens – mit Polikliniken und Ambulatorien. Er war in allen führenden medizinischen Gremien zur Ausgestaltung der Gesundheitspolitik vertreten. Bekannt ist er vor allem als Sozialhygieniker der DDR. 

„Der rationale Kern der psychosomatischen Medizin ist das Bestreben, Psychisches und Hygienisches beim kranken Menschen einheitlich zu erfassen. Ihr Ausgangspunkt aber ist idealistisch, gleich ob bei Freud oder Jaspers…All diesen bürgerlichen Vorstellungen ist der Versuch gemeinsam, die wahren Wurzeln des sozialen Antagonismus in der kapitalistischen Gesellschaft und damit die Ursachen für physisches und psychisches Zurückbleiben, für Krankheit und Frühinvalidität zu verschleiern. All dies geschieht in scheinbar humanistischem Gewande und ist ohne marxistische Ideologie nur schwer zu durchschauen.“

Lehrbuch der Sozialhygiene, 1977, S. 23

Porträt

191011. Mai in Glehn geboren
1930–1936Studium Humanmedizin in München, Bonn, Berlin
Emigration April 1933 nach Palästina
Fortsetzung Studium November 1933 in Bern
Dissertation in Bern
Assistenzarzt in der Volksheilstätte Basler Sanatorium in Davos, an der Unikinderklinik Bern, Unipoliklinik HNO Bern, bei Prof. Löwenstein am Genfer See, Heil- und Pflegeanstalt Kloster Rheinau, Inselspital Bern Innere Medizin (Schweiz)
1937–1938Arzt der Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, Lazarett 45. Division
1937Mitglied KPD
1938Frankreich, medizinische Versorgung von Spanienkämpfern
1939–1940Flüchtlingsarzt in Oslo unter Leitung H. Matern, Gründung FDJ-Organisation
1940–1946Exil in Schweden, Assistent Zellphysiologie Universität Stockholm, Assistenz Sozialarzt Stockholm, in psychiatrischer Klinik Pitea und Lund, Tuberkulose-Sanatorium – Vorlesungen Universität Stockholm (u.a. Psychodiagnostik)
Sozialmedizinische und pädagogische Beiträge in Zeitungen der KP Schweden
1946Mitglied SED
Kreisarzt Kreis Mahlow
1947–1948Leiter Landesgesundheitsamt Brandenburg
1948–1949Vizepräsident Deutsche Zentralverwaltung für Gesundheitswesen (DZGV) und Leiter Hauptabteilung Gesundheitswesen der Deutschen Wirtschaftskommission (beides Vorstufen des späteren Gesundheitsministeriums)
1949–1981Herausgeber der Zeitschrift für ärztliche Fortbildung
1950–1975Institut für Sozialhygiene der Humboldt-Universität Berlin, Habilitation 1951 und Ernennung zum Dozenten, ab 1956 Professor, 1957 Berufung zum Direktor
1950–1951Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Planung bzw. in der Staatlichen Plankommission für Kultur und Gesundheitswesen
1951Habilitation „Polikliniken und Ambulatorien. Ein Beitrag zur Geschichte und weiteren Entwicklung der ambulanten medizinischen Versorgung der Bevölkerung“
1956–1959Abteilungsleiter Medizin im Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen (Vorstufe Hoch- und Fachschulministerium, MHF)
1958–1962Mitglied Ärztekommission des Politbüros der SED
1963–1969Vizepräsident Rat für Planung und Koordinierung der medizinischen Wissenschaften beim Gesundheitsministerium
1967–1979Rektor der Akademie für Ärztliche Fortbildung (nebenberuflich)
Vorsitzender der Gesellschaft für Sozialhygiene
19878. November in Ostberlin gestorben

Nach seiner Rückkehr aus dem Exil hatte Kurt Winter sofort verschiedene Funktionen in der Gesundheitsverwaltung im Osten Deutschlands. Hier ein von der sowjetischen Besatzungsmacht in Brandenburg ausgestellter Passierschein für Kurt Winter (BArch, NY 4519/4 /Erices)

Auswahl Publikationen

Mette, A., Misgeld, G., & Winter, K. (1958). Der Arzt in der sozialistischen Gesellschaft. Akademie-Verlag.

Winter, K., & Macher-Koch, M. (1962). Gesundheitliche Entwicklung von Jugendlichen in der Deutschen Demokratischen Republik: Eine medizinisch-soziologische Studie. Akademie-Verlag.

Winter, K. (1974). Das Gesundheitswesen in der Deutschen Demokratischen Republik: Bilanz nach 30 Jahren. Volk und Gesundheit.

Winter, K. (1976). Rudolf Virchow. Teubner.

Winter, K. (1977). Lehrbuch der Sozialhygiene. Volk und Gesundheit.

Quellen und Literatur

BArch, BILDY 10-2425-01.

BArch, NY 4519/4.

BArch, DC 20/8466.

BArch, DQ 1/5096.

BArch, DQ 1/21287.

BArch, DY 30/9963.

BArch, DY 30/90386.

Braun, J. (2022). Politische Medizin. Wallstein.

Krumbiegel, H. (2007). Polikliniken in der SBZ/DDR. VAS.

Schagen, U., & Schleiermacher, S. (Hrsg.). (2005). 100 Jahre Sozialhygiene, Sozialmedizin und Public Health in Deutschland. Berliner Wissenschafts-Verlag.

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