Akteur

Prof. Dr. Alexander Mette, Verdienter Arzt des Volkes, Cheflektor beim Verlag "Volk und Gesundheit", Lehrbeauftragter der Humboldt-Universität, Bundesarchiv/Tölle, Berlin

Prof. Dr. med. Alexander Mette (1897–1985)

Arzt, Psychoanalytiker, Schriftsteller, Herausgeber, Gesundheitspolitiker

Mette – mehr als nur Blättchen

Alexander Mette entstammte einer wohlhabenden Familie. Früh interessierte er sich für Literatur und für Psychoanalyse. Er betätigte sich als Schriftsteller, gründete einen Verlag und begann eine psychoanalytische Ausbildung neben seiner Tätigkeit als niedergelassener Psychiater. In der DDR übernahm er verschiedene Ämter in der Gesundheitsverwaltung und wurde später in Ostberlin Professor für Psychotherapie und für Medizingeschichte. Während seiner Zeit in der DDR-Pawlowkommission wandte er sich von der Psychoanalyse ab und deutete Seelenzustände im Sinne Pawlows als Tätigkeit höherer Nerventätigkeit. Mette gab in der DDR die Fachzeitschrift „Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie“ – das sogenannte Mette-Blättchen als Alleinherausgeber heraus.

„Trotz der vielseitigen Errungenschaften im Fachgebiet suchen manche Psychiater, die immer noch an der Erschließung des Wesens der Gruppe der als „endogen“ bezeichneten Psychosen zweifeln, heute noch Zuflucht bei Deutungen aus der Vergangenheit, als ob das Rüstzeug, das uns zur Verfügung steht, kaum einen Wandel geschaffen habe. Eine Reihe von Begriffen, die viel gebraucht werden, wie zum Beispiel der der „Leib-Seele-Einheit“ oder der der „psychosomatischen Beziehungen“, enhtalten – ohne dass dies ausdrücklich betont zu werden pflegt – sehr häufig die alte dualistische Schablone.“

Mette, A. (1968) Geschichte der Medizin. Einführung in ihre Grundzüge (mit I. Winter). Volk und Gesundheit. S. 408

Porträt

189715. Januar in Lübeck geboren
1897 – 1914aufgewachsen in Lübeck und Berlin
1914Freiwilliger 1. Weltkrieg
1916 – 1923Medizinstudium in Berlin, Heidelberg, München und Halle
ab 1919literarische Arbeiten und Veröffentlichungen
1923 – 1927Medizinalpraktikant und Assistenzarzt in Magdeburg, Chemnitz-Hilbersdorf und Leipzig-Gaschwitz
1925Mitbegründer DION-Verlag Dessau
1926 – 1932Psychoanalytische Ausbildung in Leipzig und am Berliner Psychoanalytischen Institut
1927 – 1946niedergelassener Nervenarzt und Analytiker in Berlin-Steglitz
Verhinderung einer Funktion am Deutschen Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie durch das NS-Regime
1928Dissertation: „Über Beziehungen zwischen Spracheigentümlichkeiten Schizophrener und dichterischer Produktion“
1934Behinderung Publikationstätigkeit – auch der NS-Ideologie entsprechende Veröffentlichungen z.B. zur Nietzsche-Rezeption
1939 – 1940Kriegsassistenzarzt im Reservelazarett, beschränkt dienstfähig“
1945Mitglied KPD
1946Mitglied SED
1946 – 1951Landesgesundheitsamt Thüringen, stellv. Landesdirektor, Leiter Abt. Gesundheitswesen, Lehrbeauftragter Sozialpolitik Universität Jena
1949 – 1959Alleinherausgeber der Fachzeitschrift „Psychiatrie, Neurologie und medizinische Psychologie“ („Metteblättchen“)
1950 – 1962Mitglied Volkskammer
1951 – 1952Abteilungsleiter Gesundheitsministerium
1952 – 1956VEB Verlag Volk und Gesundheit, Cheflektor, Verbreitung Pawlowscher Schriften
Lehrbeauftragter für Psychotherapie an der HU Berlin
Mitglied der Staatlichen Pawlow-Kommission der DDR
1954Professur für Psychotherapie an der HU Berlin
1955Verdienter Arzt des Volkes
1956 – 1963Hauptabteilungsleiter Gesundheitsministerium
1958 – 1963Mitglied des Zentralkomitees der SED
1959Lehrstuhl für Geschichte der Medizin an der Humboldt-Universität Berlin
1960Vaterländischer Verdienstorden in Gold
1963 – 1968Professor mit Lehrauftrag an der Humboldt-Universität Berlin
1974Rentner und inoffizielle Tätigkeit für das MfS (Decknamen „Rose“/„Wald“) – Ziel: Überlassen der eigenen Wohnung (IMK) als Treff für Auslandsspione
19854. Dezember in Berlin gestorben

Auswahl Publikationen

Mette, A. (1934). Die tiefenpsychologischen Grundlagen des Tragischen, Apollinischen und Dionysischen. Dion-Verlag.

Mette, A. (1955). Die Lehre I. P. Pawlows und ihre Bedeutung für die Psychotherapie. Urania.

Mette, A. (1956). Sigmund Freud. Verlag Volk und Gesundheit.

Mette, A., Winter, K., & Misgeld, G. (1958). Der Arzt in der sozialistischen Gesellschaft. Akademie-Verlag.

Mette, A., & Winter, I. (1968). Geschichte der Medizin. Einführung in ihre Grundzüge. Volk und Gesundheit.

Quellen und Literatur

BArch, MfS, AIM 2180/9.

Schmitt, S. (2018). Das Ringen um das Selbst: Schizophrenie in Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur nach 1945. De Gruyter Oldenbourg.

Bernhardt, H. (2000). Mit Sigmund Freud und Iwan Petrowitsch Pawlow im Kalten Krieg. Walter Hollitscher, Alexander Mette und Dietfried Müller-Hegemann in der DDR. In H. Bernhardt & R. Lockot (Hrsg.), Mit ohne Freud. Zur Geschichte der Psychoanalyse in Ostdeutschland (S. 172–203). Psychosozial-Verlag.

Lockot, R. (2000). 1933—1945—1989. Gespräche mit Kurt Höck am 18.04.1990 und am 08.02.1999. In Mit ohne Freud. Zur Geschichte der Psychoanalyse in Ostdeutschland (S. 283–314). Psychosozial-Verlag.

Ernst, A.-S. (1997). „Die beste Prophylaxe ist der Sozialismus“. Ärzte und medizinische Hochschullehrer in der SBZ/DDR 1945–1961. Waxmann.

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