Über das Projekt

Das Projekt „Seelenarbeit im Sozialismus“

Das Projekt „Seelenarbeit im Sozialismus“ wurde ab 2019 vom BMBF (mittlerweile BMFTR) an verschiedenen Standorten gefördert, um die Rolle der Disziplinen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychologie in der DDR rückblickend weiter aufzuklären und zu verstehen. Nach dem Ende der ersten Förderperiode (April 2023) erfolgte eine Weiterförderung ab 01.10.2023 für weitere 2 Jahre in reduziertem Umfang. In dem Verbundprojekt „Seelenarbeit im Sozialismus – Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie in der DDR“ waren ursprünglich vier Teilprojekte vereint, die sich jeweils mit den genannten Disziplinen sowie deren Einbettung ins Gesundheitssystem befassten. Nach 4-jähriger Förderung des Verbundes wurde das psychologiebezogene Teilprojekt nicht weiter gefördert, da keine Mittel mehr zur Verfügung standen.

Das DDR-Gesundheitssystem galt stets als Vorzeigeerrungenschaft des Sozialismus. „Fürsorgediktatur“ – ist ein Begriff, der oft im Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem der DDR genannt wird. Gleichzeitig betrachtete die DDR bestimmte Disziplinen aber auch argwöhnisch als Ort kritischen Denkens und möglichen Widerstands. Auch die Psychiatrie, Psychotherapie sowie partiell auch die Psychologie waren Teil des staatlich gelenkten Gesundheitssystems.
Welche Rolle(n) spielten diese drei Disziplinen in der ehemaligen DDR? 35 Jahre nach der Wiedervereinigung wollten die Forscherinnen und Forscher des Projekts „Seelenarbeit im Sozialismus“ – kurz „SiSaP“ – dies herausfinden. Dazu wurden DDR-Fachliteratur und Archivakten untersucht, zudem Menschen befragt, die Erfahrungen mit diesen Teilgebieten gesammelt haben, wie etwa ehemalige Therapeutinnen und Therapeuten, aber auch Patientinnen und Patienten, die in der DDR in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung waren. Der Forschungsverbund präsentiert zum Abschluss der zweiten Förderperiode nun diese dokumentarische Ausstellung (digital und analog).

Projektkoordination

Ziel der Verbundes war es auch, einen „Verbundmehrwert“ zu erzielen. Dieser bestand etwa in stetigem Austausch und der Schaffung einer Projekt-Webseite (mit Unterstützung der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, ThuLB, http://www.seelenarbeit-sozialismus.de/start.html) als zentrales Medium.

Auf der Webseite wurden u. a. regelmäßig Teilprojekt-Ergebnisse dargestellt, ein laufendes Kolloquium angekündigt. Insbesondere in der Anfangsphase wurden methodenorientierte Workshops veranstaltet, an denen auch Mitarbeitende anderer Verbünde teilnehmen konnten.

Verantwortlich für die Projektkoordination

PROF. DR. BERNHARD STRAUẞ
Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und
Psychoonkologie, Universitätsklinikum Jena

Teilprojekte „Seelenarbeit im Sozialismus“

Die ambivalente Rolle der Psychotherapie

PROF. DR. BERNHARD STRAUẞ
Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und
Psychoonkologie, Universitätsklinikum Jena

Psychiatrie in der DDR zwischen Hilfe, Verwahrung und Missbrauch?

PROF. DR. EKKEHARDT KUMBIER
Arbeitsbereich Geschichte der Medizin,
Universitätsmedizin Rostock

Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie im DDR Gesundheitssystem

PD DR. RAINER ERICES
Institut für Geschichte und Ethik der Medizin,
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Für die Jahre 01/2019 bis 04/2023:
Psychologie unter politischem Diktat und Justiz

PROF. A. D. DR. SUSANNE GUSKI-LEINWAND
Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften,
Fachhochschule Dortmund

Mitarbeitende

Jena:

Dr. Agnès Arp, Dr. Monika Bauer, Dr. Adrian Gallistl, Marie-Theresa Kaufman, Dr. Hariet Kirschner, Kristina Noeh, Gordana Paripovic, Manuel Rauschenbach, Dr. Nico Schneider. Wissenschaftliche Hilfskräfte: Zaphira Begemann, Lina Bulmahn, Berenike Buschermöhle, Jessica Ernst, Laura Ramirez

Rostock:

Prof. Dr. Hans Jörgen Grabe, Dr. Kathleen Haack, Prof. Dr. Ekkehardt Kumbier, PD Dr. Felicitas Söhner, Dr. Tilman Wickert, Dr. Antonia Windirsch

Erlangen:

PD Dr. Rainer Erices

Dortmund:

Prof. Dr. a. D. Susanne Guski-Leinwand, Ilaria Muscas, Hannah Nussmann, Dr. Carsten Roschke

Website und Ausstellung


Für die Organisation der Inhalte, die Mitarbeit an der Konzeption und die Kommunikation mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie allen, die uns aktiv unterstützt haben, danken wir ganz besonders Kristina Noeh (Jena) und Dr. Kathleen Haack (Rostock). Darüber hinaus gilt unser Dank Dr. Kathleen Haack und PD Dr. Rainer Erices (Erlangen) für den maßgeblichen Beitrag des Verfassens der Texte zu ihrem jeweiligen Teilprojekt

Arbeitsthemen 2019–2025

Umfassende Archivrecherche zu den Teilbereichen

Im Verbund wurden umfassende Archivrecherchen zu Psychiatrie, Psychotherapie und Psychologie durchgeführt. Dabei wurden Bestände aus dem Bundesarchiv, dem Stasi-Unterlagen-Archiv sowie aus Landes-, Kreis- und Stadtarchiven systematisch ausgewertet. Ergänzend erfolgten Recherchen in Universitäts- und Klinikarchiven, unter anderem in Ueckermünde, Schwerin, Jena und Leipzig. Auch Nach- und Vorlässe von Fachvertretenden sowie internationale Quellen (z. B. BND, tschechoslowakische Geheimpolizei, WHO) wurden einbezogen. Das Ergebnis ist ein umfangreicher Bestand an Aktenmaterial, Digitalisaten und Fachliteratur, der auch die Grundlage für weitere Forschung bilden wird.

Systematisierung und Auswertung der Literatur

Ein zentraler Schwerpunkt lag auf der umfassenden bibliografischen Erfassung und systematischen Analyse von Literatur zu Psychiatrie, Psychotherapie, Psychologie und dem DDR-Gesundheitssystem. Dafür wurden an den Standorten Jena, Rostock und Dortmund Teilbibliotheken mit rund 2.000 Werken aufgebaut sowie ein digitaler Katalog erstellt, der Publikationen von 1945 bis Juli 2025 umfasst. Die Ergebnisse flossen in eine frei zugängliche Online-Bibliografie ein und bilden eine wichtige Grundlage für die weitere Forschung im Verbund.

Übersichtsarbeiten und Zitationsanalysen

Einige Analysen der Literatur mündeten in Übersichtsarbeiten mit verschiedenen Themenschwerpunkten, z.B. zur intendierten dynamischen Psychotherapie. Im Psychotherapieteilprojekt wurden eine Reihe von Inhalts- und Zitationsanalysen durchgeführt, in denen die Themenschwerpunkte wissenschaftlicher Veröffentlichungen in Ost- und Westdeutschland nachgezeichnet und kontrastiert sowie Veränderungen in den Forschungsthemen über den Zeitraum der DDR-Existenz hinweg beschrieben wurden.

Systematisierung und Auswertung der Literatur

Ein zentraler Schwerpunkt lag auf der umfassenden bibliografischen Erfassung und systematischen Analyse von Literatur zu Psychiatrie, Psychotherapie, Psychologie und dem DDR-Gesundheitssystem. Dafür wurden an den Standorten Jena, Rostock und Dortmund Teilbibliotheken mit rund 2.000 Werken aufgebaut sowie ein digitaler Katalog erstellt, der Publikationen von 1945 bis Juli 2025 umfasst. Die Ergebnisse flossen in eine frei zugängliche Online-Bibliografie ein und bilden eine wichtige Grundlage für die weitere Forschung im Verbund.

Zeitzeugeninterviews

In den drei „PPP“-Teilprojekten wurden Interviews mit den jeweils relevanten Akteuren der drei Disziplinen sowie Patientinnen und Patienten durchgeführt. In der ersten Förderphase standen Berufsgruppen aus der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der DDR im Fokus, die dann ergänzt wurden durch Interviews mit Patienten mit Psychiatrie- und Psychotherapieerfahrungen. Thematisiert wurden unter anderem Einweisungen, Alltag, Therapien und politische Einflussnahme. In der zweiten Phase lag der Schwerpunkt auf ehemaligen politischen Häftlingen sowie medizinischem und juristischem Personal mit Bezug zur Haft. Die Interviews, geführt nach dem Prinzip der „oral history“, wurden qualitativ ausgewertet.

Repräsentative Datenerhebung gemeinsam mit dem Verbund DDRPSYCH

Im Rahmen zwei großer Surveys wurden Ostdeutsche (n=2729, differenziert nach deren Sozialisation in der DDR oder danach) sowie Personen aus Ost- (n=1970) oder Westdeutschland (n=2085) sowie Ost-West/West-Ost-„Binnenmigranten“ (n=564) zu einem breiten Spektrum an psychosozialen Merkmalen, Lebenserfahrungen in der DDR, Verarbeitung der SED-Diktatur, Repressionserfahrungen, Vertrauen im Umgang mit Institutionen einschl. Psychotherapeut:innen u.v.a. befragt. Aus den Daten wurden bereits Veröffentlichungen zu Psychotherapieerfahrungen, deren Determinanten, Vertrauen in Institutionen und Folgen von Repressionserfahrungen im näheren und weiteren Umfeld erstellt.

Aufbau eines Netzwerkes professioneller psychosozialer Hilfen für Betroffene in Kooperation mit den Landesbeauftragten

Dieses Ziel sollte hauptsächlich auf Initiative des ursprünglichen Mitantragstellers Prof. Dr. H. J. Freyberger (Greifswald, 1957-2018), eine klinische Perspektive repräsentieren. Das Paket wurde innerhalb des Projekts letztlich nicht realisiert. Stattdessen gelang es aber, einen Forschungsverbund mit den Zentren Jena, Magdeburg, Leipzig und Rostock zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen der DDR-Diktatur (ebenfalls koordiniert von B. Strauß) einzuwerben, dessen Ergebnisse über die Webseite www.sed-gesundheitsfolgen.de zugänglich sind.

Öffentlichkeitsarbeit und Verwertung der Projektergebnisse

Der Verbund präsentierte seine Arbeit kontinuierlich in Wissenschaft und Öffentlichkeit – etwa durch monatliche Online-Kolloquien, Beiträge auf Fachtagungen (z. B. DGPPN, DKPM), Podiumsdiskussionen und Medienberichte (u. a. ARD, NDR, Deutschlandfunk) und durch Ringvorlesungen. Die Teilprojekte organisierten Ausstellungen, Vortragsreihen und Podcasts, etwa zum möglichen Missbrauch der Psychiatrie in der DDR. Bildungsangebote wie Exkursionen, Schulbesuche und Beteiligungen an der Langen Nacht der Wissenschaften stärkten den Austausch mit jungen Zielgruppen. In Zusammenarbeit mit der Jenaer Technologiedesign-Agentur timespin wurde zudem eine hybride Ausstellung entwickelt. Um die Forschungsergebnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen, setzt der Verbund auf vielfältige Formate: Informationsmaterialien, Fortbildungsangebote, Medienbeiträge, Kooperationen mit Bildungseinrichtungen sowie wissenschaftliche Publikationen.

Workshops

Im Rahmen des Verbundprojekts fanden zwischen 2021 und 2024 mehrere Symposien und Workshops statt, um Forschungsergebnisse vorzustellen und den interdisziplinären Austausch zu fördern. Das ursprünglich für 2020 geplante Auftaktsymposium wurde pandemiebedingt digital durchgeführt, es folgten weitere Tagungen in Rostock, Erfurt, Weimar und erneut Rostock, teils in Kooperation mit dem Verbund „Diktaturerfahrung und Transformation“. Thematische Schwerpunkte lagen u. a. auf Erinnerungskultur, dem Gesundheitswesen der DDR und disziplinübergreifenden Perspektiven. Flankierend fanden regelmäßige Workshops innerhalb des Verbundes sowie der Austausch mit externen Fachleuten und weiteren Forschungsverbünden statt. Die Ergebnisse des Forschungsverbundes wurden abschließend 2025 auf einer Tagung in Weimar vorgestellt.

Auswahl an Publikationen

Allgemeine Hinweise

Wir bedanken uns bei den Zeitzeugen für ihre Einblicke und Hinweise.

Die aufgeführte Liste ehemaliger Akteure, die Zeitzeugenberichte, die abgebildeten Standorte auf der Standortkarte sowie die Zeitleisten verstehen sich als exemplarische Beispiele. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Zur besseren Lesbarkeit wurde in den Fließtexten auf Zitationen verzichtet. Die entsprechenden Quellenangaben finden sich jeweils am Ende der einzelnen Beiträge.
Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung wurde auf geschlechtergerechte Sprache verzichtet. Gemeint sind selbstverständlich stets alle Geschlechter.
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