
Das Gesundheitssystem der DDR und psychische Erkrankungen
Im Gesundheitssystem der DDR spielte die Betreuung von psychisch kranken Patienten eine untergeordnete Rolle. Gesundheit wurde in erster Linie als Voraussetzung für Arbeitsfähigkeit verstanden – nicht als Zustand eines umfassenden körperlichen und seelischen Wohlbefindens. Ziel der Gesundheitspolitik war die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Bevölkerung im Dienst des sozialistischen Staates. Der Schwerpunkt lag entsprechend auf Vorsorgeprogrammen, Reihenuntersuchungen, auf einem funktionierenden Betriebsgesundheitswesen und einer flächendeckenden medizinischen Grundversorgunge den 1950er-Jahren war das DDR-Gesundheitswesen stark an sowjetischen Modellen orientiert. Psychische Erkrankungen wurden vorrangig verhaltensbiologisch interpretiert. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Psychiatrie in der NS-Zeit blieb in der DDR trotz des propagierten Antifaschismus weitgehendaus. Damit fehlte ein öffentlicher Impuls, um die menschenrechtliche Dimension psychischer Gesundheit im Sinne einer gesellschaftlichen Verantwortung stärker in die Gesundheitspolitik zu integrieren. Ohnehin passten psychische Erkrankungen nur schwer in das Leitbild des leistungsfähigen sozialistischen Menschen. Psychische Krisen konnten als Ausdruck individueller Schwäche oder gesellschaftlicher Fehlanpassung gelten.
Das staatliche Gesundheitssystem war für alle Bürger der DDR kostenlos und auf soziale Gleichbehandlung ausgerichtet. Am Gesundheitswesen sollten die Menschen den Fortschritt beim Aufbau des Sozialismus messen können. Ungeachtet dieses ideologisch hohen Anspruchs verschärften sich im Laufe der Jahrzehnte strukturelle Defizite: Es fehlte an Fachpersonal, Medikamenten, geeigneten Gebäuden und moderner Technik. Dieser Mangel betraf das gesamte Gesundheitswesen – besonders jedoch wirkte er sich auf die Versorgungsbereiche psychischer Gesundheit aus. Die prekären und teils menschenunwürdigen Zustände in psychiatrischen Einrichtungen zeigen, dass es bis zum Ende der DDR an einer gesundheitspolitischen Strategie für Psychiatrie und Psychotherapie mangelte – mit Folgen wie fehlenden Versorgungsperspektiven, ausbleibender Kontrolle von Kliniken und einer dauerhaften Marginalisierung des Fachs gegenüber anderen medizinischen Disziplinen. Dabei bildeten psychisch erkrankte Menschen die größte Patientengruppe in der DDR.
Beiträge über das Gesundheitssystem der DDR
Zeitzeugen Interviews - Worüber Zeitzeugen sprechen























































































































































































































